Geschrieben von Katja Rohloff
Band: Ryv Law (Raise Your Voice Like A Weapon)
Album: Survivors
Genre: Punk Rock
Plattenfirma: Eigenproduktion
Veröffentlichung: 10. Dezember 2017
Abkürzungen – mein Lieblingshobby. Mal wird eine Bezeichnung abgekürzt, mal eine eingängige Abkürzung zu einem mehr oder weniger künstlichen Begriff ausgebaut. Was im Fall der Berliner Punk Rock Band Ryv Law (Raise Your Voice Like A Weapon) zutrifft, ist wahrscheinlich so müßig zu diskutieren wie die Sache mit Henne und Ei.
Eindeutig feststellen kann man jedoch, dass die 2012 gegründete und inzwischen wieder vierköpfige Formation von Beginn an viel Energie und unendlich viel Herzblut in ihren Bandtraum gesteckt und das Ganze schließlich auch multimedial aufgezogen hat. Und schon hat man unbemerkt ein paar Stunden damit verbracht, sich bei diversen Videos aus dem Proberaum, auf Tour und im Studio super zu amüsieren. Ryv Law bieten quasi die perfekte Band-Doku-Soap, im Gegensatz zum Privatfernsehen ohne Werbung (außer für sich selbst), dafür mit Talent. Und so haben die Jungs es dann im zweiten Anlauf auch geschafft, über Crowdfunding einen Teil der Kosten ihres selbstproduzierten Debütalbums „Survivors“ reinzuholen.
Lohn der Mühe ist ein Konzeptalbum über die sinnbildliche Zombie Apokalypse im feinsten Punk Rock Sound und auch optisch macht das Album viel her, wurde es doch mit einem echt schicken Booklet versehen. Für die Aufnahmen hatten sich die damals noch drei Bandmitglieder den Bassisten der befreundeten Band 19minutes ausgeliehen, aber der neue feste Mann für die tiefen Töne wurde immerhin noch rechtzeitig genug rekrutiert, um Backing Vocals beisteuern und so seinen Beitrag zum Album leisten zu können.
Wie es sich für eine vollwertige Erzählung gehört, verfügt „Survivors“ über Prolog und Epilog – und einen Haufen geiler Songs dazwischen. Schon in der Einleitung fallen das Händchen für coole Riffs und die Vocals angenehm auf, verzichtet Frontmann Denn’is doch auf die weitverbreitete kaugummikauende künstliche Rotzigkeit, mit der einen inzwischen viele Bands zudröhnen. Dabei wechselt er zwischen cleanen Vocals und, insbesondere in den Refrains, rauen Shouts und Screams. Zugegeben, in den Gesang musste ich mich kurz einhören, unterscheidet er sich doch, wie gesagt, von dem, was sonst so in meinem Player landet, aber rasend schnell hat mir das gesamte Album richtig viel Spaß gemacht. Schließlich bieten die Berliner hier eine Kombi aus schnellem Punk Sound, der manchmal auch einen minimalen Ausflug Richtung Alternative macht, und eingängigen Texten, die, auch seltener geworden heutzutage, eine sinnvolle Botschaft beinhalten. Ryv Law nutzen die Zombie Apokalypse als Allegorie für all das, was bei der Menschheit falsch läuft und kritisieren Gesellschaft, Politik und Medien auf verschiedenen Ebenen.
So prangert „Apocalypse“, mein absoluter Lieblingssong, zu dem es auch ein tolles Video gibt, die Masse an Einflüssen und Einflüsterungen an, die auf den Einzelnen durch Social Media, Politik und viele weitere Quellen einprasseln und so zu Panik, Vorurteilen und sozialer Kälte führen, bis es schließlich zu spät und der Schaden nicht mehr zu beheben ist. Der Riss in der Gesellschaft ist nicht mehr zu kitten. Untermalt mit schnellen, prägnanten Gitarrenriffs und vorangetrieben durch die Drums ist der Song ideal, um sich richtig auszupowern, dazu verleiht der Wechsel im Gesangsstil dem Track noch einen zusätzlichen Reiz und der Refrain ist ein absoluter Ohrwurm und möchte mitgebrüllt werden. „Newsflash“ setzt sich dann, ebenfalls mit eingängigem Klang ausgestattet, mit der Macht und Rolle der Presse auseinander und so entfaltet sich dem Hörer mit jedem Stück ein neues Kapitel und ein neuer Aspekt der Erzählung, sei es nun die Verführbarkeit der Massen („King Takes Pawn“) oder das die Realität oft anders ist als man eingeredet bekommt („Confused Heart“). Ryv Law spielen in ihren Liedern mit den diversen Stilelementen und kreieren so einen Sound, der niemals langweilig wird. Punk Rock von seiner schönsten Seite. Anspieltipps sind auf jeden Fall „Apocalypse“, „Under Constraint“ und „Light Of Hope“, zu dem das brandneue Video (siehe unten) mit dem Album released wurde.
Den Track „Scars Remain“ muss ich noch speziell hervorheben. Nachdem der Song bei jedem Hören ein irritiertes Gefühl bei mir hinterließ, hatte ich endlich einen Ansatzpunkt für eine Erklärung gefunden und fragte kurzerhand Ryv Law Sänger und Songwriter Denn’is, ob es Zufall sei, dass der Refrain von „Apocalypse“ im Text auftaucht und ob es sich lohnen würde, weiter in diese Richtung zu suchen. Netterweise ersparte der Frontmann mir die Arbeit und verriet, dass „Scars Remain“ in den Lyrics jeweils den Chorus der ersten acht Songs des Albums aufgreift und so die Reise und Wandlung der Hauptfigur der Erzählung noch einmal darstellt, einer jungen Frau, die in einer Welt voller Unmenschlichkeit ihren eigenen Weg und ihren moralischen Kompass (wieder)finden und ständig zwischen der bequemen oder der richtigen Entscheidung wählen muss. Interessante Idee und ein genialer Effekt beim Hören, ich spreche aus Erfahrung.
Einziger Kritikpunkt an „Survivors“ von meiner Seite: Die Ballade „Confused Heart“ mag dramaturgisch sinnvoll sein, nimmt aber kurzzeitig den Punch aus dem Album, der, nach meinem Empfinden, gerade den besonderen Reiz ausmacht. Geschmacksache (und Gejammere auf verdammt hohem Niveau), aber für mich sind Ryv Law einfach keine Band zum Wunderkerzen-Schwenken. Dauerpessimisten finden bestimmt noch irgendwas zu meckern an „Survivors“, aber für mich ist das Debütalbum von Ryv Law eine liebevoll gestaltete und äußerst hochwertig klingende Hörempfehlung an jeden, der Punk Rock auch nur ein bißchen mag.
Line-up:
Denn’is Strange – Vocals& Guitar
Dan Tree – Lead Guitar
Nico Starkey – Drums
Adrian Pepper – Bass
Trackliste:
01.Prologue
02.Apocalypse
03.Newsflash
04.Under Constraint
05.Reaching Out
06.Light Of Hope
07.(Peace) In Pieces
08.King Takes Pawn
09.Tortured Values
10.Confused Heart
11.From Truth To Treason
12.Lies Within
13.Scars Remain
14.Epilogue
Weitere Infos:
Ryv Law bei Facebook
Website von Ryv Law