Schicksalsalben unseres Teams: Fast wäre Dirk von seinen Eltern mit schickem Anzug zum Judas Priest Konzert geschickt worden

In den letzten Jahren haben wir unseren Lesern kurz vor Jahresende hintergründige Einblick in unser Team gegönnt, indem wir uns gegenseitig interviewt haben.
Irgendwann sind die wichtigen Dinge gesagt und weitere Interviews untereinander liefen in Gefahr, unsere Leserschaft zu langweilen.
Deshalb haben wir dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit beschlossen, Euch unter dem Titel Schicksalsalben zu zeigen, welche Alben uns derart stark beeinflusst haben, dass unser weiterer Weg im Bereich Hard ‚n‘ Heavy fortlaufen musste.

Dass unser Böss Dirk beim Metal gelandet ist, war nicht unbedingt vorherzusehen; schließlich ließ er sich anfangs von John Travolta, Olivia Newton oder Dschingis Kahn berieseln. Gott sei Dank fand er in der elterlichen Wohnung ein Tape von Uriah Heep. Fortan war der Weg über Kiss bis hin zu seinen All Time Faves Judas Priest geebnet.

Tja wie begann alles bei mir und dem Schwermetall…

Als geborenes „Christkind“ im Jahre 1965 war ich, zumindest glaube ich das bis heute, ein ganz braver Junge… Gott sei Dank gibt es keine Zeugen mehr, die das Gegenteil behaupten könnten 😉

Bis Mitte der 70er nahm ich auch tatsächlich Hardrock (das Genre Heavy Metal bildete sich ja erst Ende 1970 / Anfang 1980) so gar nicht wahr. Ich war vielmehr bekennender Fan von Pop-Musik, wie die Soundtracks von Grease (VÖ 1978) mit Olivia Newton-John und John Travolta und ich hatte nach dem Besuch des gleichnamigen Kinofilms auch das Doppel-Album bei mir im Schrank stehen. Aber auch die Spider Murphy Gang, Abba, Bonny M, Dschingis Khan, Reggae-Musik und vieles mehr gehörten damals zu meinem Schallplatten-Repertoire. Für Dschingis Kahn’s gleichnamige Single „Dschingis Kahn“ (den Chorus „Dsching, Dsching, Dschingis Khan. He Reiter – Ho Leute – He Reiter – Immer weiter…“ kennt ja vielleicht noch der ein oder andere) wurde ich sogar beim Ladendiebstahl ertappt, weil mein Taschengeld aufgebraucht war und ich die Single unbedingt haben wollte.

Tja und es wäre mit meinen musikalischen „Fehltritten“ vielleicht so weiter gegangen, wenn ich nicht aus Langeweile beim Stöbern in der elterlichen Wohnung eine ganz besondere Kassette finden sollte (die ich im Übrigen noch immer habe)… nämlich das Debüt-Album von Uriah Heep „Very ‚Eavy…Very ‚Umble“ aus dem Jahre 1970. Das gruselige Cover faszinierte und schockierte mich im zarten Alter von ca. 10 Jahren gleichermaßen.

Als ich damals den Opener „Gypsy“ mit den eindringlichen Hammond-Orgel-Klängen und den einsetzenden Gitarren hörte, war ich ganz hin und weg. Aber auch die andren Songs wie „Real Turned On“, „Dreammare“ oder „I’ll Keep On Trying“ bohrten sich mir regelrecht in die Gehörgänge und noch heute höre ich sie gerne. Noch nie zuvor hatte ich solch harte Musik gehört und rückblickend war das die Initial-Zündung für meine weitere musikalische Prägung und die Kassette lief die nächsten Tage noch in Dauerschleife. Noch heute wird dieses Album, aus meiner Sicht nicht zu Unrecht, als Meilenstein der Rock-Geschichte beschrieben, welches die damalige Hardrock-Szene verändern sollte. Aber es sollte noch einiges passieren, bevor ich der harten Musik endgültig verfiel.

Denn als nächstes landete das erste Live-Album der vier geschminkten US-Rocker KISS mit dem Titel „Kiss Alive!“ aus dem Jahr 1975 in meinem Plattenschrank. Aber irgendwie fesselte mich da auch zunächst das Makeup, deren berühmt berüchtigte Show und auch die harten Gitarrenklänge, weniger aber das gesamte Genre. Ich kann mich noch gut erinnern, dass mein Vater des Öfteren einen Ausraster bekam, wenn ich immer und immer wieder das Intro zum Song „Deuce“ spielte und das laute „You want the best und you got the best… KISS!“ aus meiner Stereoanlage von Universum (eine Hausmarke vom Versandhaus Quelle) brüllte. Oder „Firehouse“ mit den durch die Ohren dringenden Feuersirenen… ich war oft wie im Rausch, dazu noch meine tolle Lichtorgel, bestehend aus bunten Plastikwürfeln, deren Glühbirnen wild im Takt der Musik blinkte… So langsam nahm meine Veränderung Richtung Metalhead Formen an.

Und dann, es war Anfang 1980, passierte es. Mein Schulkamerad Michael Siebenhaar (dessen vollständiger Name mir eben beim Schreiben einfiel) fragte mich in der Schule, ob ich nicht Bock hätte, mit ihm zu Judas Priest in die Erlanger Stadthalle zu gehen. Er war in seiner musikalischen Entwicklung ein ganzes Stück weiter und war schon eingefleischter Hardrocker. Ich schaute ihn nur an, sagte spontan zu und das, obwohl ich mit Judas Priest damals noch gar nichts anfangen konnte. Ich kannte weder den Bandnamen und auch deren Musik war mir völlig unbekannt. Nach der Schule rannte ich sofort in den nächsten Plattenladen und kaufte mir das damalige Album „Unleashed In The East“ (VÖ Oktober 1979), dass erste Live-Album der britischen Metal-Band aus Birmingham.

Kaum zuhause und brav mit den Eltern zu Mittag gegessen, verzog ich mich in mein Zimmer, setzte voller Vorfreude die Kopfhörer auf und als mir „Exciter“ zum ersten Mal um die Ohren knallte, war es endgültig um mich geschehen. Es folgten die heutigen Klassiker wie „Running Wild“, „The Ripper“ oder auch „Victims Of Changes“ und es gab für mich kein Halten mehr. Die Gitarren-Battle von Glen Tipton und K.K. Downing fesselten mich in Verbindung mit der enormen Energie der zwei Lead-Gitarren (was damals völlig neu war) und dazu die ohrenbetäubenden Screams vom Metal-God Rob Halford… meine Geschichte als Metal-Head hatte begonnen.

Aber noch galt es meine Eltern um Erlaubnis zu fragen, ob ich denn am 18.04.1980 zum Konzert dürfte und ich überlegte mir alles Mögliche, wie ich es abends meine Eltern erzählen würde. Nach dem Abendessen war es soweit und ich erzählte, dass ich gerne mit einem Schulfreund zu einem Konzert gehen würde und ob mir meine Eltern das erlauben würden. Mein Vater schaute etwas seltsam, aber meine Mutter war total begeistert. Ich erinnere mich noch heute mit einem Grinsen daran, als sie zu mir sagte „Oh das ist ja toll, dann lass uns morgen gleich in die Stadt fahren und ich kaufe Dir einen Anzug für das Konzert“… ich weiß nicht, wie ich damals geschaut haben muss, aber ich sagte ihr, dass man für die Art von Konzert eher Jeans und T-Shirt trägt. Daraufhin fragten mich meine Eltern, zu welchem Konzert ich denn gehen möchte und bevor ich antwortete, holte ich die Schallplatte aus meinem Zimmer und spielte ihnen Judas Priest vor. Meine Mutter war total angetan, mein Vater schüttelte nur noch fassungslos den Kopf, aber beide gaben mir die Erlaubnis und auch das Geld. Schon einen Tag später hatte ich das Ticket für sagenhafte 16,00 DM zzgl. Vorverkaufsgebühr, sowie das brandaktuelle Album „British Steel“ (VÖ Februar 1980) gekauft und konnte den 18.04.1980 kaum erwarten. Auch war ich gespannt, wer der Special-Guest sein würde, denn das war bis dahin nicht bekannt.

Dann war es endlich soweit, der 18.04.1980 war da und zusammen mit Michael und etlichen andren Fans mit langen Haaren (meine Mähne begann erst zu wachsen), Jeans-Kutte (die ich noch heute habe), Nietengürtel und die ein oder anderer Flasche Alkohol ging es zum Konzert. Gegen 20 Uhr gingen die Lichter aus und als Special-Guest betrat eine ebenfalls britische Heavy-Metal-Band die Bühne, die heute für ihr Wahrzeichen „Eddi“ bekannt sind. Mein erster musikalischer Kontakt mit Iron Maiden und ja, ich hatte mehr als Blut geleckt. Als schließlich Judas Priest die Bühne betraten, war es um mich geschehen… der mörderische Sound, das Licht, die headbangenden Fans um mich herum, die schon damals als Markenzeichen bekannte Harley von Rob Halford und ich in der First Line… Aus mir war nun ein Metal-Head geworden, die New Wave Of British Heavy Metal (NWOBHM) hatte mich völlig gefangen und Judas Priest sollten fortan meine Lieblingsband sein.

Es folgten unzählige Besuche von Konzerten aller damaligen Heavy-Metal- und Hardrock-Größen und es verging fast kaum ein Wochenende, wo ich nicht auf irgendeinem Konzert abhing. Heute frage ich mich, wie ich das als Schüler damals alles finanzieren konnte, auch wenn die Ticket-Preise echt noch unterirdisch waren. Aber ich habe dafür fast alles gesehen, was damals einen Namen hatte oder auch erst am Beginn ihrer Karriere standen… Die Scorpions, Bon Jovi, Def Leppard, Whitesnake, DIO, Guns ’n‘ Roses, Van Halen, Ted Nugent, Quiet Riot, Mothers Finest, AC/DC, Ozzy Osbourne oder auch die legendären „Monster Of Rock“-Festivals in Nürnberg um nur einige zu nennen.

Was ist aus der Zeit hängen geblieben? Immer noch meine Liebe zu Judas Priest im speziellen und zum Metal/Hardrock im Allgemeinen und meine Jeans-Kutte, die aber nach gut 40 Jahren mittlerweile sehr „figurbetont“ sitzt. Ich hatte auch noch bis ca. 2015 das Original-Ticket von meinem ersten Judas Priest-Konzert, aber durch einen Wasserschaden im Keller wurde es vermutlich versehentlich entsorgt. Aber dank Internet, habe ich zumindest noch ein Foto vom Ticket von meinem ersten „Judas Priest“-Konzert, sowie unendlich schöne Erinnerungen an Bands und Musiker, die heute entweder noch aktiv sind oder auch teilweise aufgelöst oder verstorben sind.

In all den Jahren wollten mich zwar schon viele bekehren, aber für mich ist und wird Rockmusik mit all ihren Sub-Genres immer die Musik sein, um abschalten und Kraft tanken zu können. Die einzige Stilrichtung, mit der ich absolut nichts anfangen kann ist jedoch Death-, Black- oder Doom-Metal, aber auch in der Musik gilt „Geschmäcker sind verschieden“ und das ist gut so.

Mit diesen Worten wünsche ich allen Lesern frohe und rockige Weihnachten und einen verdammt geilen Rutsch in ein hoffentlich besseres Jahr 2021, wenn möglich Corona-Frei…

Passt auf Euch auf, bleibt gesund, keep the distance and keep the Faith!!!

 

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