Schicksalsalben unseres Teams: Paul’s selige Höllenfahrt

In den letzten Jahren haben wir unseren Lesern kurz vor Jahresende hintergründige Einblick in unser Team gegönnt, indem wir uns gegenseitig interviewt haben.
Irgendwann sind die wichtigen Dinge gesagt und weitere Interviews untereinander liefen in Gefahr, unsere Leserschaft zu langweilen.

Deshalb haben wir dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit beschlossen, Euch unter dem Titel Schicksalsalben zu zeigen, welche Alben uns derart stark beeinflusst haben, dass unser weiterer Weg im Bereich Hard ‚n‘ Heavy fortlaufen musste.

 

Mit Black Label Society startet für Paul seine selige Höllenfahrt. Lest seine ganz persönliche Liebeserklärung an das Album „Blessed Hellride“

Bei folgendem Album handelt es sich wahrhaftig um ein Schicksalswerk. Vielleicht weniger aus musikhistorischer Sicht oder popkultureller Bedeutung. Aber es markiert den Beginn einer bis heute andauernden innig empfundenen Zuneigung zum Heavy Metal – vor allem einer ganz bestimmten Band, die mich immer noch sehr prägt: Black Label Society. Deren 2003 erschienenes Album „Blessed Hellride“ stellte meine Welt vollkommen auf den Kopf und bewirkte einen musikalischen Dammbruch.

Wir schreiben das Jahr 2007: Ich steckte mitten in der Pubertät, hatte eine große Abneigung gegenüber dem damals dominierenden Deutschrap rund um „Aggro Berlin“ und meine Hormone suchten nach einem Aggressionsventil.

Black Sabbath und Ozzy Osbourne leisteten zwar temporäre Abhilfe, aber es fehlte irgendwas, das meine innersten Emotionen ansprechen konnte. Freunde empfahlen Slipknot, In Flames oder Five Finger Death Punch – alles herausragende Bands, aber sie konnten mich nicht zu 100 % triggern.

Eines Abends während einer YouTube-Session las ich mehr über Ozzy Osbourne, seine Kollaborationen und vor allem über seine Bandmitglieder. Besonders sein Gitarrist Zakk Wylde beeindruckte mich wegen seines Aussehens, seiner imposanten Ausstrahlung, aber vor allem sein aggressives Spiel. Sein schnelles Shredding, all die Pinch Harmonics und sein Sound insgesamt trafen bei mir voll ins Schwarze.

Mit großer Neugier las ich, dass Wylde selbst seit mehreren Jahren eigene Projekte am Laufen hatte und der Name „Black Label Society“ klang dabei äußerst vielversprechend.

Der erste Track, den ich auf YouTube öffnete, war Doomsday Jesus aus besagtem Album Blessed Hellride, und es packte mich sofort.

Der Refrain besteht lediglich aus eingängigen Riffs und Rhythmen, aber dieser Schrei war genau das gewisse Etwas, wonach ich gesucht hatte. Weitere Banger-Tracks wie Stoned & Drunk, Suffering Overdue oder Destruction Overdrive fingen einfach alles auf, was meinen hormongeplagten Kopf beschäftigte.

Sie waren mein ganz persönlicher Soundtrack, wenn es mit Punks und Metalheads aus der ganzen Provinz in die nächstgelegene Stadt ging. Sie waren ein musikalisches Gegengewicht zu allen Möchtegern-Gangstern, wie auch zu allen älteren Dorfspießern, die sich über unser Aussehen und unsere Art echauffierten.

Die Tracks Blackened Waters und Blessed Hellride zeigten mir, dass Heavy Metal auch stil- und geschmackvoll sein kann und keineswegs so dumpf und simpel, für das ihn leider viele Menschen noch heute halten. Andererseits war ich aber irgendwie froh darüber, dass die meisten Leute von dieser Musik Abstand hielten. So hatte man das Gefühl, etwas ganz Besonderes für sich zu haben, was auf alle Beteiligten unserer kleinen, verschworenen Gruppe zutraf.

Und mit Blessed Hellride begann jene Höllenfahrt, die mir rückblickend eine der schönsten Zeiten meines bisherigen Lebens bereitete. Es war das Ticket in eine Welt, die negative Gefühle nicht tabuisiert, sondern sich mit ihnen auseinandersetzt, weil sie Teil von uns sind. In der Metal-Community lernte ich als Teenager viele aufgeschlossene und sympathische Menschen kennen, fühlte mich aufgehoben und akzeptiert, fand echte Freundschaften.

Im Gegensatz zur Deutschrap-Szene war und ist die Metal-Szene authentisch und nimmt sich selten zu ernst. Wenn ich bei Metal Konzerten zu Boden fiel, hoben mich mindestens drei Leute wieder auf und fragten, ob es mir gut ginge. Beim Junggesellenfest im Nachbardorf musstest du stets mit Schlägereien rechnen, wenn du jemanden eine Sekunde zu lange angeschaut hattest.

Es folgten weitere Bands und weitere Alben, die mich in ihren Bann zogen – auch solche, die mich im Vergleich zu besagtem Black Label Society – Album noch mehr beeindruckten. Doch ist es letztlich oftmals das „erste Mal“, an das man sich am meisten beziehungsweise am lebhaftesten erinnert.

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