Geschrieben von: Marco Gräff // Fotos © gräffiX by Marco G
Flugplatz Drispenstedt – Hildesheim // 10.+11.08.2019. Nur eine Woche nach dem Wacken Open Air zog es mich nach Hildesheim zum M’era Luna Festival. Das mit dem Wave Gotik Treffen in Leipzig und dem Amphi Festival in Köln zu den absoluten Highlights in der schwarzen Szene gehört. Zwei Tage lang 40 Bands auf zwei Bühnen. Der Main Stage und der Hangar Stage. Headliner in diesem Jahr waren am Freitag ASP und Within Temptation auf der Hauptbühne, Die Krupps feierten im Hangar. Samstags gehörte die meiste Spielzeit VNV Nation, The Fields Of The Nephilim und Suicide Commando (Hangar). Daneben tummelte sich alles was Rang und Namen in der Szene hat, dazu ein paar Neulinge. Vergleiche ich nun die diesjährige Auflage mit meinen ersten Besuchen 2003 und 2004, bzw. dem letzten in 2016, so muss ich eine Entwicklung feststellen, die mir nur bedingt gefällt.
Das Line Up will ich gar nicht mal so sehr kritisieren. Die Szene ist nun mal nicht so groß wie die im Metal Sektor. Aber der Umstand, dass bei meinen vier bisherigen Besuchen allein ‚Within Temptation‘, ‚Suicide Commando‘ und auch ‚Diary of Dreams‘ je dreimal dort waren, deutet die Problematik ungefähr an. Es wird aber auch niemand gezwungen dort hinzufahren. Das Rahmenprogramm drumherum mit Lesungen, der Disco nach den Konzerten, Gothic Fashion Shows und dem beliebten Mittelaltermarkt hat sich etabliert und ist sehr beliebt. Seit ein paar Jahren steht nun auch eine Geisterbahn auf dem Gelände zu der ich mich aber nicht äußern will.
Doch starten wir mit NULL POSITIV, der ersten Band am Freitag, die das Festival auf der Main Stage eröffnen sollte. So löblich es ist einen Newcomer Wettbewerb auszurufen und durch die Fans abstimmen zu lassen wer von den drei Bands letztendlich das Rennen machen wird. Doch zwanzig Minuten Spielzeit auf einer Bühne morgens um elf, wenn gerade mal 200 Menschen zum Schauen kommen, kann nicht wirklich im Sinne des Erfinders sein. Gerade NULL POSITIV hätten ein größeres Publikum verdient gehabt, nicht nur auf Grund ihrer „heißen Show“, sondern weil sie einfach geile Musik machen. Nach den folgenden SÜNDENKLANG, der Zweitband von ‚Stahlmann’s‘ Mart, folgten die deutschen Gothic Rocker EWIGHEIM, die dann zwar schon eine halbe Stunde spielen durften, aber an Langeweile kaum zu überbieten waren. Deutlich besser ging es dann mit STAHLMANN. Schon optisch war das ansprechender und mit ihren harten Songs und treibenden Rhythmen kam erstmals richtig Leben auf den Platz. Und mit dem Hit „Schwarz“ war dann richtig Party!
Diesen Schwung nahmen die DEATHSTARS aus Schweden sofort mit und hauten mit ihrem Industrial Metal mal so richtig einen raus. Starke Show mit nachhaltiger Wirkung, während es im Hangar nebenan mit der Band CENTHRON das erste Mal so richtig abging. Mit CORVUS CORAX auf der Hauptbühne hatte man dann tatsächlich eine bekannte Band auf der Bühne, die noch nie zuvor auf diesem Festival gespielt hatte. Mit ihren mittelalterlichen Klängen und Instrumenten sorgten sie für eher ruhige Klänge und vor allem für Abwechslung. Dann folgten OOMPH! – mittags um 16:55 und dürfen knapp 40 Minuten spielen. Da frag ich mich ernsthaft was diese Band noch bringen und leisten muss, um einen besseren und längeren Slot dort zu bekommen. Völlig unter Wert, doch das hinderte die Truppe um Sänger Dero nicht, eine gelungene Show zu liefern welche die Menge dankbar feierte. Immer wieder ein Highlight!
Dann folgte ein weiteres Highlight, MONO INC. aus Hamburg waren an der Reihe. Und es wurde erstmals richtig voll vor der Main Stage. Die Dark Rocker hatten wohl die meisten Fans mitgebracht und mit „Voices of Doom“ und „Children oft the dark“ zwei richtige Szene Hits am Start. Gelungener Auftritt. Bevor es auf der Hauptbühne mit LACRIMOSA weitergehen sollte, lockten die Norweger ZEROMANCER die Leute in den Hangar. Industrial / Synth-Rock der alten Schule und mit den mir bekannten Hits „Clone your lover“ und „Flirt (with me)“ direkt zu Beginn der Show. Aber es ging für mich schnell raus vor die Main Stage, wo sich LACRIMOSA einem technischen Problem stellen mussten und ihr Set mit einer guten halben Stunde Verspätung starten konnten. Unter dem Motto der aktuellen Best-Of Scheibe „Zeitreise“ gab es einen Mix durch die knapp 30-jährige Bandhistorie. Ein schöner, wenn auch zu kurzer Auftritt.
Danach kamen WITHIN TEMPTATION mit aufwändiger Bühne und neuem Album „Resist“ im Gepäck. Dreh- und Angelpunkt ist seit jeher Sängerin Sharon die mit ihrer Stimme immer wieder mal die Band in den Schatten stellt. Wieso gerade ASP den Schlusspunkt setzen durften bleibt mir ein weiteres Rätsel. Immerhin blieben in der lauen Sommernacht viele Fans, um sich die Show anzuschauen. Mein Fall war und wird es nie werden. Ab ins Bett.
Am Samstag sollte es wieder pünktlich um 11 Uhr losgehen und mit FEAR OF DOMINATION wurde einem direkt der Schlaf aus den müden Gliedern geblasen. Ähnlich wie am Vortag bei den DEATHSTARS war es hier die Energie und die Spielfreude der Band die nachwirkten. Ein weiteres Highlight,
welches mit 20 Minuten Spielzeit viel zu wenig zeigen durften. Mit SCARLET DORN im Anschluss wurde es ruhiger. Allerdings nur bis zum dritten Song, als Chris „The Lord“ Harms die Bühne betrat, um mit seinem Schützling ein Duett zu singen. Ansonsten bot SCARLET DORN einen eher unspektakulären Auftritt. Spektakulär gab es dann im Hangar. FORMALIN brauchten nicht lange, um die Menge zum Tanzen und Feiern zu bringen. Die Band werde ich mir auch mal näher ansehen. Und über die HELDMASCHINE muss ich nicht mehr viel Worte verlieren. Mit neuen Songs, der bekannt gewohnt starken Bühnenshow und der Spielfreude der Band verwundert es kaum, dass der Hangar an diesem Morgen das erste Mal so richtig voll war.
Draußen auf der Main Stage spielten gerade noch VERSENGOLD ihren Hit „Haut‘ mir kein Stein“, im Anschluss spielten DIARY OF DREAMS, die ich schon 2003 dort bewundern durfte. Nur dass die Band heute deutlich rockiger und aggressiver ankam. Dann folgten COMBICHRIST und das M’era Luna glich einem Tollhaus. Wahnsinn. Hätte ich so nicht erwartet und auch nicht die Reaktion der zig-Tausend Fans. Ein amtlicher Auftritt mit reichlich Power und auch Aggressivität. Mit JOACHIM WITT wurde es dann wieder ruhiger, wenn auch tiefsinniger. Aber auch wirr, denn der Meister selbst überraschte mit komischen Ansagen. Und neben „Die Flut“ darf natürlich auch „Der goldene Reiter“ nicht fehlen. Einer dieser Momente auf dem diesjährigen M’era Luna.
SUBWAY TO SALLY sind ja auch gefühlt jedes Mal in Hildesheim. Nicht viele Bands dürften öfter dort aufgetreten sein und aktuell besteigt Sänger Eric die Bühne als Mickie Krause Imitat. Lustig ist anders, aber das ist auch Ansichtssache. Den Fans schien es zu Gefallen und dann kam auch Chris Harms zu seinem zweiten Auftritt, wenn auch zu einem denkwürdigen, angesichts seines schrägen Outfits. Egal. STS heizten ordentlich ein, was auch an der Pyro gelegen haben dürfte. Deutlich reduzierter und gemächlicher ging es im Anschluss von Statten. Die Gothic Rock Altmeister FIELDS OF THE NEPHILIM traten an, um einen ihrer seltenen Gigs zu spielen. Im Gegensatz zu „The Sisters of Mercy“ sieht man die Band auf der Bühne auch, doch viel Action bieten die dort nicht. Ein solider Auftritt mit den bekannten Hits. Die wahren Highlights sollten folgen. Zunächst rissen SUICIDE COMMANDO den Hangar nieder und es wird mir immer eine Freude sein diese Energie aufnehmen zu dürfen. Immer wieder geil. Nur wie so oft, spielen SUICIDE COMMANDE fast gleichzeitig zu VNV NATION. Welch Ärger. Aber es hilft nix. Auf der Main Stage Ronan Harris mit Band. Emotional und ergreifend. Wie jede Show. Und mit „Nova“ erneut das Highlight, was dieses Mal nur noch von der Darbietung von „All our sins“ getoppt wurde. Ein genialer wie emotionaler Abschluss des M’era Luna Festival 2019.
40 Bands an zwei Tagen. Die Spielzeiten einiger Acts sind fragwürdig, doch das war schon immer so. Preislich kann ich nur den Kopf schütteln. Wieso muss das Festival Shirt 30€ kosten? Teurer als auf dem WOA trotz der üppigen Auswahl, ebenso kulinarisch. Da macht Essen und Trinken wenig Spaß. Zum Glück gibt es auch hier mittlerweile die kostenlosen Trinkwasserstellen, die es in diesem Jahr auch wieder gebraucht hat. Denn Regen gab es nur mal kurz, ansonsten regierte die Sonne und der Staub. Den vielen Herren und (vor allem) Damen, die sich in den schönsten und aufwändigsten Kostümen zeigten, dürfte es recht gewesen sein. Das oft zitierte und auch mir bekannte Zusammengehörigkeitsgefühl in der Szene vermisse ich aber immer mehr. Es scheint gerade so, dass es immer wichtiger wird sich zu zeigen und weniger das Festival und die Menschen dort zu genießen. Was eigentlich Schade ist. Das selbst ernannte „Darkest Festival on Earth“ wird immer bunter und beliebiger. Den Charme der Anfangsjahre hab ich in diesem Jahr auf dem M’ERA LUNA besonders vermisst. Was auch wiederrum Schade ist.
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Null Positiv
Stahlmann
Deathstars
Oomph!
Mono Inc.
Lacrimosa
Within Temptation
ASP
Fear Of Domination
Combichrist
Joachim Witt
Subway To Sally
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