Geschrieben von Katja Maeting
Band: Sleeping God
Album: Sad & Done (EP)
Genre: Post Hardcore / Progressive Metal
Plattenfirma: Dedication Records
Veröffentlichung: 07. September 2018
Soviel wie ich mich in den letzten Monaten mit Musik befasst habe, die irgendwie Core in der Genre-Bezeichnung trägt, war ich ja der festen Überzeugung, dass mich so schnell nichts mehr überraschen kann. Entsprechend erwartungslos bin ich an den ersten Durchgang von „Sad & Done“ gegangen, der Debüt-EP von Sleeping God – und wurde äußerst positiv überrascht.
Was sich Mitte 2015 unter dem Namen Sleeping God zusammenfand, ist eine Band aus erfahrenen Musikern, die ihre unterschiedlichen Einflüsse (und davon gibt es hier wirklich viele) zu etwas bündeln wollten, hinter dem alle Bandmitglieder zu hundert Prozent stehen können. Wie das klingen soll, präsentieren sie dann Ende 2015 in Form des ersten Demo-Songs „Save Our Sins“ und im Januar 2016 das erste Mal auf einer Bühne. Seitdem ist einiges passiert, aber das Grundgerüst des Bandsounds stand schon damals ziemlich klar fest. Auch wenn den Jungs Genre-Festlegungen eigentlich zuwider sind, möchte ich das Ganze mal als progressiven Post-Hardcore mit weiteren Stil-Einsprengseln bezeichnen. Zumindest um im äußerst weiten Sinne einzugrenzen, wohin es hier musikalisch geht.
Auffälligstes Aushängeschild der Band aus dem Dortmunder Raum ist definitiv Frontmann Robin, der sowohl als Clean Sänger wie auch als Shouter gekonnt und markant abliefert und im cleanen Bereich mit Gitarrist Dennis einen perfekt ergänzenden Part gefunden hat. Hierdurch erhalten die auf musikalisch gutem Fundament stehenden vier Songs auf „Sad &Done“ endgültig ihren ganz besonderen Charakter.
„Farewell“ eröffnet das Debüt von Sleeping God mit erstaunlich klassischen Song-Strukturen. Das Wechselspiel aus Shouts und cleanen Parts auch in den Strophen rückt den Track dann aber doch ein Stück vom durchschnittlichen Metalcore/Melodic Hardcore Standard ab und die Jungs nutzen die gut 5 Minuten Spielzeit geschickt, um neben dem Progressive Metal entlehnten Gitarrenläufen und dem fließenden Wechsel zwischen Melodiedominanz und Rhythmus-Drängen den Song gerade im Gesang sehr ausdifferenziert zu gestalten. Aggressive Shouts konkurrieren mit emotional angeschlagenen Cleans und machen den Track zu einem mitreissenden Erlebnis.
Mit „Oh Fortune“ haben sich die Vier den wohl auffälligsten Song der EP als erste Single gewählt. Eröffnet mit einem Sprechpart von Frontmann Robin, der sich über eine sanfte Gitarrenmelodie legt, werden die dann einsetzenden Shouts durch das Schlagzeug in ihrer rohen Emotion unterstrichen. Der stete Wechsel zwischen Momenten der Härte und melodischen Parts macht den Song zu einem echten Wechselspiel der Gefühle. Das kann man nicht einfach Post-Hardcore nennen, denn damit würde man zu kurz greifen, auch wenn die Grundidee nicht komplett wesensfremd ist. Als besondere Aspekte sind hier neben dem vergleichsweise früh gesetzten Breakdown das insbesondere im Refrain kanon-artig agierende Zusammenspiel der beiden Clean Sänger zu nennen und die im letzten Songdrittel angesiedelte Passage, die auch Genres ohne Core im Namen gut zu Gesicht stehen würde.
„Sanity Fades“ lässt sich dann nochmal deutlich härter an, das instrumentale Wechselspiel zwischen Druck und Melodie funktioniert hier erneut tadellos und die diesmal geringer vorhandenen Clean Momente setzen den nötigen Kontrast zu den überdominanten Shouts, die durch entsprechende Breakdown-Andeutungen unterstützt werden, bevor der Song in der zweiten Hälfte ein durchaus interessantes progressives Instrumental einstreut und schließlich zur Härte des Anfangs zurückkehrt. Trotz alledem der schwächste Song auf der EP, was aber wohl daran liegt, dass die anderen Stücke einfach hervorragend sind. Einer muss halt verlieren.
Mit dem Titeltrack „Sad And Done“ zelebrieren Sleeping God dann auf fast 9 Minuten ihr Meisterstück. Insgesamt eher als ruhiger Song angelegt, baut er sich in seiner Wirkweise langsam auf und verbindet die einzelnen Instrumente, Melodie- und Gesanglinien zu einem komplexen Gebilde, das einen beim Hören auf eine wechselhafte Reise mitnimmt. Hier dominiert der Klargesang und die Shouts setzen bevorzugt Härtefacetten in die Songstruktur, die sich durch eine ausgewogene, ineinander ruhende Instrumentalarbeit auszeichnet. Zwischendurch ergeben sich immer wieder Ausbrüche auf härtere Pfade, die dann aber stimmig auf die eher ruhigere Gesamtlinie zurückgeführt werden. Hier wird aus den Einzelteilen ein komplett neues, faszinierendes Ganzes, dessen Krönung die Jungs ihrem Gast Angelina Ferber überlassen, die über den Song hinweg kurze besondere emotionale Splitter setzen darf und dann im letzten Drittel mit ihrer sanften Stimme ein zerbrechlich schönes Momentum in das Lied einbringt.
Das Quartett debütiert hier mit einer sehr abwechslungsreichen und interessanten klanglichen Zusammenstellung. Ob der definitiv nicht schubladentaugliche Sound von Sleeping God einem zusagt, ist wie immer Geschmackssache. Mich haben sie mit ihrer ganz eigenen Mischung aus Melodie, Härte, Kraft und filigranen Momenten jedenfalls überzeugt. Wer jenseits von Genre-Zwängen denken kann, sollte die Jungs auf jeden Fall antesten.
Trackliste:
01. Farewell
02. Oh Fortune
03. Sanity Fades
04. Sad And Done
Line-up:
Robin – Vocals
Dennis – Guitar
Heiko – Bass
Janis – Drums
Weitere Infos:
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