Geschrieben von Marco Gräff
Band: Sólstafir
Album: Endless Twilight of Codependent Love
Genre: Progressive Post Rock
Plattenfirma: Season Of Mist / Soulfood
Veröffentlichung: 06.11.2020
Drei Jahre nach „Berdreyminn“ beehrt uns Islands heißester Rock Export SÓLSTAFIR mit einem neuen Album. ENDLESS TWILIGHT OF CODEPENTENT LOVE, so der Titel, ist dieses Mal deutlich persönlicher, dunkler und melancholischer ausgefallen als noch auf früheren Werken. Und man geht stellenweise sogar ein paar Schritte zurück in die Vergangenheit, zu den Anfangstagen der Band.
Dabei beginnt das neueste Werk der ehemaligen Black Metal Band mit noch recht vertrauten Klängen. Der typische Gesang von Aðalbjörn Tryggvason nimmt den Hörer sofort gefangen, die anfängliche Ruhe wird schon bald von schnellen, fast punkigen Klängen abgelöst und sogar kurze Black Metal Passagen tauchen auf. In den zehn Minuten der ersten Nummer Akkeri passiert schon recht viel, ruhige und melancholiche Abschnitte wechseln mit psychedlischen und flotten Phasen. Ein starker Beginn, der zeigt, dass SÓLSTAFIR mittlerweile in ihrer eigenen musikalischen Welt fest verankert sind.
„Nachdem wir lange eine Metal-Band waren und Phasen von Shoegaze, atmosphärischen Black Metal und Post-Rock durchlebten, fühle ich mich einfach privilegiert, alle meine Lieblingsgenres mischen zu können und damit durchzukommen„, sagt Tryggvason.
Dass das funktioniert beweisen die neun neuen Songs (+ zwei Bonus Tracks einer Special Edition). Aber auch hier gilt: Gut Ding will Weile haben. Etwas sperrig präsentieren sich die Stücke zu Beginn, befasst man sich tiefer damit, entdeckt man mit jedem Durchlauf neue Details und lässt sich fangen von den düsteren Geschichten rund um psychische Störungen, Depressionen und Alkoholismus. Bestes Beispiel ist an zweiter Stelle Drýsill und die einzige englischsprachige Nummer Her fall from grace. Letztere ist zugleich die persönlichste Nummer auf dem Album. „Es ist unfassbar traurig, wenn man jemanden liebt und sieht, wie er krank wird„, sinniert Tryggvason. Und klingen dabei entfernt wie ‚The Smashing Pumpkins‘.
Mit Dionysus gehen SÓLSTAFIR weit zurück, und lassen es deutlicher krachen als auf den zwei, drei Alben zuvor. Hier werden die Black Metal Wurzeln deutlich, selbst gesanglich haut Tryggvason seine ureigenen Shouts heraus, die mehr an Hardcore Punk als an Black Metal erinnern. Und doch wohnt auch dieser Nummer etwas rockiges und so typisches für die Band inne. Und mit Or fährt man sogar in bluesigen Gefilden, überrascht mit (für die Band) ungewöhnlichen Tönen. Die aber funktionieren.
Dazwischen gibt es immer wieder die ruhigen, nachdenklichen Parts, die emotionalen Ausbrüche nach oben und unten, und die schwere Melancholie, die SÓLSTAFIR so perfekt in Musik einbringen können. Ob durch Streicher, elektronische Sounds oder einfach nur durch den (auch teilweise etwas zu jammernden) Gesang.
Mit ENDLESS TWILIGHT OF CODEPENTENT LOVE melden sich SÓLSTAFIR gewohnt stark und teilweise überraschend zurück. Alte wie neue Fans werden in gleicher Weise bedient. Und gleichzeitig beweisen die Isländer, dass auch zukünftig noch mit ihnen zu rechnen ist. Ein wunderbares Album für diese triste Jahreszeit.
von mir gibt es 8 von 10 Hellfire Punkten
Tracks:
01 – Akkeri (10:10)
02 – Drýsill (08:52)
03 – Rökkur (07:06)
04 – Her Fall From Grace (06:36)
05 – Dionysus (05:31)
06 – Til Moldar (04:29)
07 – Alda Syndanna (04:30)
08 – Or (06:58)
09 – Úlfur (08:49)
Line-Up:
Aðalbjörn Tryggvason – Gesang, Gitarre
Sæþór M Sæþórsson – Gitarre
Svavar Austmann – Bass
Hallgrímur Bárðdal – Drums
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