Szenetreffen im Schlachthof Wiesbaden: die Persistence Tour 2020

Agnostic Front live @ Persistence Tour Schlachthof Wiesbaden // 16-01-2020 © by Marco G

 

Geschrieben von Oliver Heberling / Fotos by gräffix by Marco G.

 

Schlachthof Wiesbaden // 16.01.2020. Letztes Jahr noch eher zufällig auf der PERSISTENCE TOUR gelandet und mehr als positiv überrascht nach Hause gegangen (den Bericht könnt Ihr hier nachlesen), war die diesjährige 16. Auflage als Fixpunkt für den Beginn des neuen Konzertjahres fest gesetzt. Leider sollte sich der Abend musikalisch für mich eher durchwachsen gestalten.

Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo mit Booze & GloryWalls of JerichoMunicipal Waste oder Ignite das Abwechslungsreichtum innerhalb der Reisegruppe noch groß geschrieben wurde, war die diesjährige Tour eher auf Oldschool- und Straight Edge-Puristen der Hardcoreszene ausgelegt und gestaltete sich deutlich Hardcore-lastiger als die 2019er Ausgabe.

Eröffnet wurde vor (wie auch im letzten Jahr der frühen Startzeit geschuldet) nahezu leerem Haus. Zum Beginn von COUNTIME um 18 Uhr hatten sich gerade einmal 20-30 Menschen im Schlachthof eingefunden. Die Band ließ sich das nicht anmerken, gab alles, traf mit ihrem rauen, eindimensionalen Geballer meinen Geschmack allerdings nicht.

 

CUTTHROAT aus Los Angeles gelang das schon deutlich besser: Mit ihrem Hip Hop-lastigeren Harcoresound gingen sie in Richtung Suicidal Tendencies und Body Count und haben sich damit eine Spielart ausgesucht, die mir eher zusagt. Mit einem mehr als soliden Gig funktionierten sie als zweiter Anheizer gut und erfreuten sich auch einer deutlich gesteigerten Resonanz.

 

BILLYBIO brachte dann die Menge weiter zum Toben. Mit zwei Coverversionen seiner alten Formation Biohazard und dem kernigen The Wailers-Cover „Get up, Stand up“ konnte die Truppe um den Sänger mit Gameshow-Mikro und Schneetarnhose mich von den bisherigen Bands am meisten überzeugen und markierte den Startpunkt für den besten Teil des Abends.

 

Bei acht Bands an einem Tag eignet sich die TOUR immer gut für Neuentdeckungen: Die nachhaltigste markierten für mich diesmal WISDOM IN CHAINS. Ähnlich divers wie das Auftreten der Bandmitglieder vom Kuttenmetaller über den energiegeladenen Hardcoreshouter am Mikro bis zum Gitarrenprofessor, gestaltete sich auch die Musik. Punkiger Drive, hervorstechende Gitarrenleads, geile Gangshouts machen WISDOM IN CHAINS zu einem meiner Abend-Highlights.

 

Anschließend war es so weit: H2O stürmten die Bühne, die Band, auf die ich mich am meisten gefreut habe. Ich war wohl nicht der Einzige, dem es so ging. Der Kessel kochte gehörigst hoch, die Pits wuchsen, die ersten Crowdsurfer erklommen die Bühne und stürzten sich in die Menge. Die Melodic Hardcore Formation feierte mit ihren Knallersongs wie „What happened?“ und „Nothing to prove“ eine große Party und schaffte es trotz der Großbühnendistanz von Beginn an eine Bindung zum Publikum aufzubauen und sie über ihre 30 Minuten Auftritt hochzuhalten.

 

Die nachfolgenden STREET DOGS stachen mit ihrem Boston-Punkrock musikalisch am weitesten aus dem Bild hervor. Dropkick Murphys Ur-Sänger Mike McColgan und seinen Mitstreiter waren dadurch zwar vor der Bühne eher schwach besucht, hatten dafür aber ihr treues eigenes Publikum dabei, das McColgan, der bereits zum ersten Song von einer handvoll Fans durch die Halle getragen wurde, abfeierte und sich eine Fist Bump nach der anderen bei ihm abholte. 

 

Danach flachte meine Stimmungskurve wieder ab: Bis auf ein paar coole Songs haben mich AGNOSTIC FRONT nie angefixt und schafften es auch diesmal mit mäßiger Gesangsperformance nicht, mich auf ihre Seite zu holen. „My life my way“ und „Gotta go“ machen live allerdings immer noch großen Spaß! Im Gegensatz zu meiner Sicht der Dinge erreichte mit AGNOSTIC FRONTs Auftritt offensichtlich für die meisten Besucher der Abend seinen Höhepunkt. 

 

Die Szene-Kultband GORILLA BISCUITS besetzte den Headliner-Slot der Tour. Von allen vorherigen Bands mit Vorfreude angeteast schien ich aber nicht der Einzige zu sein, dem diese Band zuvor kein Begriff war. Um den 1990er Jahrewechsel eine LP und zwei Ep´s veröffentlicht löste man sich anschließend auf. Die Band fand sich zwar bereits 2005 wieder zusammen, offenbar jedoch nur zum Touren. Veröffentlicht wurde seit 1992 nichts mehr. Wieso ich nicht der Einzige zu sein schien, für den die GORILLA BISCUITS ein unbeschriebenes Blatt zu sein schienen? Dieser Eindruck ergab sich offenkundig dadurch, dass bereits vor der Hälfte des Konzerts viele Besucher die Halle verließen. Während sich die meisten nur einen Eindruck holten und dann gingen, feierte eine Menge vor der Bühne wie bei einer Clubshow: Ab auf die Bühne, ab in die Menge. Einer der feierwütigen schien sich jedoch die falsche Sprungrichtung ausgesucht zu haben. Zumindest konnte ich ihn nach seinem Sprung ins „Menschenmeer“ nicht darauf surfen sehen. Autsch! 

 

Der Clubshow-Faktor war aus meiner Sicht ein Stimmungskiller für die diesjährige Tour: Auch wenn die Bands zufriedenstellend performten, sprang der Funke stets lediglich zu einer kleineren Gruppe Fans direkt vor der Bühne über und vergaß den Rest abzuholen. Das Konzept der Tour ist und bleibt cool, jedoch ist ein Hinzuholen eines achten Acts gegenüber den sieben vom letzten Jahr wohl auch zu viel des Guten. Manchmal ist weniger dann doch mehr.

 

Hier geht’s zu den Fotogalerien – © Photos by Marco G (Facebook | Instagram)

Agnostic Front
Street Dogs
H2O
Wisdom In Chains
BillyBio
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Weitere Infos:

Persistence Tour

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Cutthroat
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Schlachthof Wiesbaden

 

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