Geschrieben von Katja Rohloff / Photos by Stefan Wiede
Rock und Pop Zentrum – Bonn Wie man aufhört, so soll man auch wieder anfangen. Gilt beim Alkohol – und bei tollen Konzerten. Ersteres kostet Überwindung, letzteres führte mich am 02. März äußerst freiwillig ins RPZ Bonn, denn dort hatte ich mein Konzertberichtjahr 2017 ausklingen lassen und konsequent wollte ich 2018 dann auch mit der ersten TaktArt Club Show diesen Jahres beginnen.
Das fünfte Event dieser Konzertreihe stand diesmal im Zeichen der Härte – in verschiedensten Ausprägungen. Zum Einlassbeginn sah es noch so aus, als würde die heimische Heizung angesichts des doch fiesen Wetters gegen das Line up des Abends gewinnen, aber pünktlich zum Auftritt der ersten Band war klar, dass der gute Musikgeschmack auch Minustemperaturen trotzt.
Eröffnet wurde der Abend von Exarion aus Köln. Die vier Jungs waren kurzfristig für The Legion:Ghost eingesprungen, welche durch den Support Job für Ektomorf als entschuldigt fehlend galten. Statt Modern Metal sollte es also nun Thrash Metal auf die Ohren geben. Da dies nun so gar nicht meins ist, sah ich dem Auftritt der mir unbekannten, noch jungen Band etwas skeptisch entgegen. Aber schon beim ersten Song wurde aus Skepsis Neugier und schließlich das Gefühl, gut unterhalten zu werden. Denn Sänger Alex und seine Kollegen haben definitiv Spaß auf der Bühne und nehmen sich auch nicht immer völlig ernst. Exarion haben Ende 2017 ihr erstes Album „Nuke ‚Em Down“ veröffentlicht und ließen einiges davon hören. Und mit melodisch-schnellen Songs wie „For The Crown“ haben sie selbst mich überzeugt. Das jederzeit ordentlich abfeiernde Publikum musste, im Gegensatz zu mir, keine Sekunde überzeugt werden, dass Exarion einen geilen Partysoundtrack abliefern. Zur guten Stimmung trug insbesondere Bassist Ebi bei, der durchgehend mit den Leuten vor der Bühne abfeierte. Bei „Cavalry Of Doom“ verlegte er auch einen Teil seines Auftritts ins Publikum und spornte dadurch Gitarrist Peter an, es ihm nachzutun. Exarion haben mir wieder mal bewiesen, eine Band lernt man am besten live auf der Bühne kennen, denn eine bessere Visitenkarte gibt es nicht. Auch wenn die Energie der Jungs garantiert noch für die doppelte Spielzeit gereicht hätte, war es nach einer knappen Stunde an der Zeit, für den nächsten Act Platz zu machen.
Hereditary hatten als Bonner das Heimrecht und bereicherten die musikalische Speisekarte des Abends um Death Metal. Noch so ein Skepsis-Genre meinerseits. Ich hatte mir im Vorfeld aber berichten lassen, die Jungs seien echt gut und wären vor allem live großartig. Was soll ich sagen – mein Freundeskreis hat Ahnung. Von der ersten Sekunde an legte die Band gut Tempo vor und nahm die Bühne mit ihrer Energie in Beschlag. Das Set des Abends wurde mit zwei Songs der 2015er EP „Angel Of Decay“ eröffnet; mit „Prophecy Of Fear“ und „Resurrected Persecutor“ brachten Hereditary nicht nur die erste Reihe zum Headbangen. Das als Kuschelsong angesagte „Impurity“ ließ den Puls zwar nicht wirklich abflachen, aber war eindeutig der „langsamste“ Song der Fünf. Beim anschließenden „Pelagos“ gab es sogar deutsche Lyrics im gutturalen Gesangsgewand und die durchgehende Action auf der Bühne brachte auch das Publikum in Bewegung. Mit „Inception Of The End“ kündigte Sänger Nils noch einen Vorgeschmack auf das neue Album der Band an. Dieses wird wohl auf den Namen „Sin“ hören und bald erscheinen. „Bald“ wird hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern, hab ich es nach dem Auftritt von Hereditary doch direkt auf meine persönliche Wishlist gesetzt. Dass es damit erst das zweite Death Metal Album in meiner Sammlung wäre, fasst die Bühnenleistung der Jungs wohl perfekt zusammen. Sound und Performance haben absolut überzeugt. Als Beweis spielten Hereditary auch gerne noch eine Zugabe.
Überzeugen mussten mich Neverland In Ashes nicht mehr, das haben sie schon vor ein paar Wochen beim COREneval getan. Die Mischung aus Energie, Coolness und Spaß, die die Kölner auf die Bühne bringen, ist einfach faszinierend. Und nicht nur ich hatte mich offensichtlich auf den Auftritt der Modern Metal Band gefreut, ertönten doch schon beim Intro zahlreiche begeisterte Schreie aus dem Publikum. Der Ruf als geniale Live Formation eilt den Jungs voraus, was nicht zuletzt an der Bühnenpräsenz von Frontmann Julez liegt, der nie um einen Kommentar verlegen ist. Neverland In Ashes stehen für melodische Härte; hohes Tempo wechselt mit eingängigen Passagen und die Vocals rangieren von aggressiven Shouts bis zu fast sanften Cleans. Entsprechend ließ das letzte Set des Abends auch niemanden kalt. Musikalisch dominierte das aktuelle Album „Conversations“, bei dem Julian Jung das erste Mal den Job am Studio-Mikro übernommen hatte. So heizten „City Lights“ und „I vs. I“ direkt ordentlich ein, ebenso der Hochtempo-Kracher „Mercury“ mit seinem melodischen Refrain, auch wenn die Aufforderung zum Circle Pit eher schüchtern angenommen wurde. Die Zurückhaltung fegte der Frontmann dann beim Band-Klassiker „NIA“ persönlich beiseite, indem er mitten im Publikum mitmachte. Und beim anschließenden „Elsewhere“ knackten so manche Knochen, inklusiver meiner, beim Niederknien. Der endgültige Beweis, dass Neverland In Ashes ihr Publikum begeistern können, denn normalerweise bin ich eher der Typ „unbeteiligter Zuschauer“. Bei „Empress“ zeigte Julez dann nochmal Publikumsnähe, indem er nicht nur sein Bier, sondern auch sein Mikro mit einem euphorischen Fan teilte. Und die begeistert angenommene Zugabe „8:16“ feierte er erneut mit den Zuschauern im Pit.
Alle, die an diesem Abend freiwillig oder gezwungenermaßen zu Hause geblieben sind, haben definitiv was verpasst. Selbst wenn man, wie ich, die meisten der dargebotenen Musikstile zumindest auf dem Papier nicht unbedingt favorisiert, der Live Test hat hier dreimal eindeutig überzeugt. Wer also die Gelegenheit hat, Exarion, Hereditary oder Neverland In Ashes auf der Bühne zu erleben, nichts wie hin, die nächsten Termine findet ihr auf den verlinkten Facebook Seiten der Bands. Es lohnt sich! Und die TaktArt Club Shows sind sowieso immer einen Besuch wert.
Hier geht’s zu den Fotogalerien Photos by Stefan Wiede (https://stefanwiede.de/):