Geschrieben von Katja Maeting
Band: Tausend Löwen unter Feinden
Album: Zwischenwelt
Genre: Hardcore / Modern Metal
Plattenfirma: Swell Creek Records
Veröffentlichung: 31. Mai 2019 (digital) / 14. Juni 2019 (physisch)
Deutsche Texte sind im Core ja inzwischen kein Alleinstellungsmerkmal mehr, dazu haben zu viele Bands inzwischen erkannt, dass die Muttersprache was taugt. Die Kunst ist es also, die Sprache so zu komponieren, dass die Worte bleibenden Eindruck hinterlassen und Tausend Löwen unter Feinden haben sich mit ihrem Können in diesem Bereich in den letzten fünf Jahren einen beachtlichen Bekanntheitsgrad in der Szene erspielt, sodass selbst ich als notorische Ablehnerin deutscher Texte mit dem Bandnamen etwas anfangen kann.
Die Jungs aus Nordrhein-Westfalen scheinen dabei die Herausforderung zu lieben. Deutsche Texte sind ja per se schon ständig der Gefahr ausgeliefert, durch die heimischen Fans auf Schwachstellen geprüft und ggf. als Flachnummern entlarvt zu werden – Füllmaterial ist also keine Option. Die Extraportion Schwierigkeitsgrad erlegen sich TLUF noch damit auf, dass sie anscheinend eine Vorliebe für Konzeptalben mit komplexer Thematik haben. Schon ihr 2016er Debüt „Machtwort“ hatte ein konzeptionelles Gerüst und auch ihr nun erscheinenden Zweitwerk „Zwischenwelt“ verfolgt einen erzählerischen roten Faden. Dieser spinnt sich um Vergänglichkeit, Vereinsamung und Verrohung der Gesellschaft. Eine Thematik mit der sich zwar viele Bands befassen – aber kaum eine so wie TLUF.
Die simple Genre-Bezeichnung Hardcore weckt Erwartungen, die TLUF nicht erfüllen wollen. Instrumental sind die Jungs erstaunlich melodisch unterwegs, hier tritt fast durchweg ein metallischer Kern zu Tage und auch Punk-Inspirationen sind in dem ein oder anderen Song nicht zu verleugnen. Raumgreifende, teils überraschend schnörkelige Riff-Figuren paktieren mit einer druckvollen Rhythmus-Fraktion und halten sich gegenseitig im Gleichgewicht, teils übernehmen die Melodielinien der Gitarre die Funktion, welche in anderen Genres den Clean Vocals zukommt, ohne das der musikalische Nachdruck verweichlicht wird. Dazu kommen Texte, die, trotz Wortwahl der nicht immer gehobenen Art, beachtlichen Tiefgang erreichen können – und ein Shouter, an den man sich erstmal gewöhnen muss.
Die angepisst-aggressive Stimmfärbung des Frontmanns steht im extremen Kontrast zum instrumentalen Unterbau und wirkt im ersten Moment wie der räudige Straßenköter im Pudel-Salon, aber sobald man die Gehörgänge akklimatisiert hat, passt gerade dieser Gegensatz plötzlich doch ziemlich gut zueinander und macht durchaus Bock. Besonders effektvoll kommen die Vocals noch mit den zahlreichen Gang Shouts als Hintergrund zur Geltung und aus gegensätzlichen Teilen wird ein funktionierendes Ganzes. Wenn schon nicht mit deutschsprachigen Texten, so haben Tausend Löwen unter Feinden auf jeden Fall mit ihrer musikalischen Ausdrucksweise als Gesamtpaket etwas individuelles erschaffen. Definitiv ein Album der Kategorie „Polarisieren“, denn nur mal so hören dürfte hier schwer fallen, entweder es gefällt oder es nervt. Meinen Geschmack hat „Zwischenwelt“ nach kurzer Eingewöhnung auf jeden Fall getroffen, zum selber antesten würde ich Songs wie das entschleunigte, mit schönen Riffs ausgekleidete „Wahrheit“ oder das leicht punkig anklingende „Neue Geschichten“ empfehlen, aber eigentlich greift man bei keinem der Lieder wirklich daneben, wenn man sich einmal an die besonderen Stilistiken gewöhnt hat.
Von mir gibt es 7,5 von 10 Hellfire-Punkten
Trackliste:
01. Stillstand
02. Transzendenz
03. Zwischenwelt
04. Geister
05. Wahrheit
06. Wahl
07. Neue Geschichten
08. Verantwortung
09. Rattenkönig
10. Kraft
11. Freunde
12. Freiheit
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