Geschrieben von Katja Rohloff / © Photos by Dirk Draewe (http://www.draewe.de und http://www.facebook.com/pixxelkunst)
Schützenhalle – Mendig. Für mich als Kölnerin bedeutet die erste Wiederholung ja schon Tradition. Wenn Veranstaltungen wie das The Last Stand dann ihren sechsten Geburtstag feiern, bewegt sich das für mich dementsprechend schon fast im Bereich der festen Institution.
Die Halloween-Veranstaltung in Mendig zählt eindeutig zu den kleineren Events ihrer Art, aber wird dafür mit umso mehr Herzblut organisiert. Leider stand 2017 unter keinem glücklichen Stern für das Festival in Wohnzimmeratmosphäre. Größter Rückschlag war eindeutig der plötzliche Tod von The Last Stand-Mitgründer Gerhard Loeb im Juni, der das ganze Team tief getroffen hat. Dazu kamen dann noch kurzfristige bis hin zu äußerst kurzfristige Bandabsagen am Vortag, aber um das Gedenken an den verstorbenen Vorsitzenden der Associations of Music hochzuhalten, gab das Team alles.
Als Opener enterten um 18:15 Uhr etwas verspätet Addict die Bühne. Die 2014 gegründete Band hat sich eine Mischung aus dem Metal der 80er und 90er Jahre, gepaart mit einer ordentlichen Portion Thrash, auf die Fahnen geschrieben. Gekleidet wird dies in ein zeitgemäßes Klanggewand und mit einem kleinen Augenzwinkern versehen. Leider war der Sound zu dem Zeitpunkt noch nicht perfekt ausbalanciert, aber die Jungs zogen trotzdem das Publikum in die Halle und die akustischen Probleme besserten sich im Laufe des Sets. Nach dem ersten Song „Bloody Race“ lockte Sänger Pat Schöne das noch etwas schüchterne Publikum mit „Abaddon“ vor die Bühne, auf der die Vier alles gaben und die Zuhörer mit Songs wie „We Are Antisocial“ und „Bang Or Die“ begeisterten. Nach kurzem Aufwärmen wurde in der ersten Reihe kräftig mitgebanged. Dem schloss sich dann nach 45 Minuten Spielzeit beim letzten Song auch das Bandmaskottchen an. Als Zugabe präsentierten Addict ihre Version des Judas Priest Klassikers „Breaking The Law“.
Der zweite Act des Abends waren Anchor’s Lost. Die Band war äußerst kurzfristig für die leider verhinderten Souldrinker eingesprungen. Allein dafür verdienen sie schon Respekt. Trotzdem sah ich dem Auftritt eher skeptisch entgegen, spielen die Jungs aus dem Westerwald doch eine Mischung aus Melodic Death Metal und Metalcore und gerade ersteres ist nicht unbedingt meine Welt. Das Publikum wusste da wohl mehr als ich, standen doch schon erheblich mehr Leute vor der Bühne. Und schon ab dem ersten Song kam Bewegung in der Menge und zunehmende Begeisterung bei mir auf. Dass Anchor’s Lost nicht nur mit ihrer Musik Laune machen, sondern auch zwischen den Liedern Unterhaltungswert haben, bewiesen sie unter anderem während der kleinen Unterbrechung auf Grund der Schrottung des Schlagzeuges durch dessen Bediener. Danach legten sie mit „United Nothing“ wieder kräftig los, bevor sich Sänger Adrian Jost der Kampagne gegen die Schüchternheit des Publikums anschloss und die Zuschauer nicht nur nach vorne lockte, sondern auch zum Mitsingen bei „The Gates“ brachte. Weitere Kracher des Sets waren „The Night Is Dark And Full Of Terror“ und der neue Song „Unbroken“. Anchor’s Lost waren für mich definitiv die positive Überraschung des Abends und dürften nicht nur mich als neuen Fan gewonnen haben.
Als nächstes ging es mit Horrizon weiter in Sachen Härte und die Ohren durften sich an einer anderen Art des Melodic Death Metal erfreuen. Auch wenn dies, wie gesagt, normalerweise nicht unbedingt mein Musikstil ist, war es doch interessant, den Jungs zuzuhören. Die Band mit dem unbestreitbar größten Heimvorteil brachte Halloween auch optisch auf die Bühne und verursachte ab dem ersten Song einige bewegte Köpfen und fliegende Haare. Und die familiäre Örtlichkeit wurde auch direkt ausgenutzt, indem sich Sänger Martin Gerloff auch mal mitten im Publikum von der Soundqualität überzeugte oder einen Song performte. Horrizon nutzten das The Last Stand für ein paar zweite Premieren, denn Gitarrist Manuel absolvierte an dem Abend seine zweite Show mit der Band und auch ein Track vom anstehenden dritten Album der Band wurde erst das zweite Mal überhaupt live performed. Bei Songs wie „Journey To Valhall“, „Last Masquerade“ und „Labyrinth“ fiel es Horrizon nicht schwer, das Publikum ganz nach vorne zu locken und auch wenn sich die Zuschauerzahl zum Ende hin ausdünnte, verabschiedete sich die Band sogar mit zwei Zugaben, darunter der Titelsong des zweiten Albums „Dwelling Within“.
Mit I.M.Nail betrat dann die Band die Bühne, auf die ich mich am meisten gefreut hatte. Denn seit ich ihre EP „Darkness For Rent“ rezensiert hatte, wollte ich die Koblenzer unbedingt live sehen. Und das hat sich auf jeden Fall gelohnt. Im August war die Band als Ersatz für Toxic Waltz bekanntgegeben worden und auch wenn die vier Jungs gesundheitlich etwas angeschlagen waren, gaben sie ab 22 Uhr alles und präsentierten ihren Titanium-Sound vor der größten Publikumsmenge des Abends. Denn schon der Opener „This Is For Your Prayers“, einer von drei neuen Songs in der Setliste, lockte viele Raucher und Pausenbedürftige zurück in die Halle und beim nächsten Song „Heartwire“ von der ersten Veröffentlichung „Hyena Sunrise“ war der Platz vor der Bühne schon ordentlich gefüllt. Es folgten nicht nur meine beiden persönlichen Lieblingslieder „A Bitter Pill“ und „New Born“, die mit ihrer klanglichen Bandbreite und der doppelten Vocals-Besetzung einen guten Querschnitt durch den Sound von I.M.Nail darstellen, sondern auch ein Ausblick in die Zukunft. Mit „Siamese Twin“ und „Joyrider“ gab es zwei weitere bisher unveröffentlichte Songs auf die Ohren, die mich noch ungeduldiger auf das erste Full-Album der Band, an dem schon zielstrebig gearbeitet wird, warten lassen. Beim abschließenden „Hell“ war noch mal Headbangen extrem angesagt und mit der Zugabe „Under The Gun“ gab es eine letzte Runde Titanium zu hören. Auch live sind die vier Koblenzer definitiv überzeugend.
Das Kontrastprogramm bildeten abschließend die Jungs von Korben Dallas. Das Quintett, welches nach 2014 bereits zum zweiten Mal das Festival bereicherte, bedient das wohl ziemlich kleine Genre des deutschsprachigen Pandacore. Da ich mir bis dato nichts darunter vorstellen konnte, war ich auf den Auftritt der Neuwieder umso gespannter. Und es war auf jeden Fall eine interessante Erfahrung. Die Ansage von Frontmann Piny „Wir sind die Hermes House Band aus dem Auenland“ beschreibt den Zustand auf und vor der Bühne ziemlich gut, denn auch wenn das Publikum mengenmäßig geschrumpft war, ging die Party ab. Die bandeigene Fan-Base nutzte das erhöhte Platzangebot für ausgiebiges Abfeiern und Tanzen zu Songs wie „Stirb“ und „Inspektor Mosh“. Auch wenn die besondere Stilmischung von Korben Dallas unbestreitbar Geschmackssache ist, kann man ihnen den Stimmungsfaktor nicht absprechen. Unterhaltungswert eins plus. Das die sechste Auflage des The Last Stand partymäßig ausklang, stellten die Jungs auf jeden Fall sicher.
Und auch im nächsten Jahr wird das The Last Stand eine Neuauflage erfahren. Es wird bereits fleißig am Line up für 2018 gearbeitet, fest stehen schon jetzt Sleepers‘ Guilt (Progressive Melodic Death Metal) aus Luxemburg. Auf die weiteren Band-Ankündigungen darf man also schon jetzt gespannt sein.
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