von Mathias Keiber
Band: Ugly Kid Joe
Album: Rad Wings of Destiny
Genre: Rock
Plattenfirma: Metalville Records
Veröffentlichung: 21.10.2022
Der Karriereverlauf von Ugly Kid Joe stimmt mich ein wenig traurig: Anfang der Neunziger verkaufte die Band Millionen. Doch so kometenhaft ihr Aufstieg war, so schnell verschwand sie in der Versenkung — und konnte nie wieder auch nur annähernd an ihre einstigen Erfolge anknüpfen.
Ich kann nicht erklären, warum. Aber auch bei mir war es so wie bei den meisten der Millionen Käufer ihrer frühen Werke: „As Ugly as They Wanna Be“, die Debüt-EP von Ugly Kid Joe, veröffentlicht 1991, war eine meiner ersten 10 CDs; das ein Jahr später erschienene „America’s Least Wanted“ sicher eine meiner ersten 20. Und bis heute haben Songs wie „Madman“, „Neighbor“ oder „Panhandlin‘ Prince“ nichts von ihrer Anziehungskraft auf mich verloren: geile Grooves, fette Riffs und eine der markantesten Stimmen, die die Geschichte der Rockmusik zu bieten hat. Und doch verschwand die Band von meinem Radar. Und zwar komplett.
Umso mehr freute ich mich, als ich kürzlich über unseren Neuveröffentlichungsverteiler erfahren durfte, dass die Jungs ein neues Album am Start haben. Und dass die Besetzung bis auf eine Ausnahme (am Schlagzeug) dieselbe wie beim Debütalbum ist. Wenn der Erfolg auch ging, Ugly Kid Joe sind größtenteils zusammen geblieben. Das freut mich. Denn auf mich wirkten sie eh immer wie beste Kumpels.
Was ebenfalls geblieben ist, ist der augenzwinkernden Wortwitz: Das Wortspiel im Titel des Albums, „Rad Wings of Destiny„, muss ich ja wohl hoffentlich niemandem erklären. Doch kann man auch musikalisch an einstige Großtaten anknüpfen? Ich muss zugeben, dass ich doch etwas skeptisch war. Letztendlich bin ich aber positiv überrascht.
Zwar gibt’s die Dampfwalzen mit den ganz dicken Eiern nicht mehr, kein zweiter „Neighbor“ also weit und breit, auch kein „Madman“. Nein, Ugly Kid Joe lassen es 30 Jahre nach ihrer Blütezeit etwas entspannter angehen. Und warum auch nicht? Man ist zwischenzeitlich nun mal einige Jahrzehnte älter geworden. Trotzdem wissen die Jungs nach wie vor, wie man echte Ohrwürmer schreibt. Den Opener „That Ain’t a Living“ genauso wie „Kill the Pain“ und „Dead Friends Play“ werde ich so schnell jedenfalls nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Doch nicht nur die Melodien bleiben hängen, auch die spitzbübisch-charmanten Lyrics.
Zugegebenermaßen ist mir manches dann doch eine Spur zu poppig, der zuckersüße Rausschmeißer „Long Road“ zum Beispiel. Trotzdem muss man ein so radiotaugliches Stück erstmal schreiben. Was man hingegen nicht muss, und auch nicht sollte, ist eine absolute Ikone von Song wie „Lola“ von den Kinks zu covern. Bei Ugly Kid Joe hat das Nachspielen von Fremdkompositionen zwar eine gewisse Tradition, man denke etwa an „Cat’s in the Cradle“. Aber, nein, bitte nicht „Lola“! Nun will ich mich daran aber auch nicht aufhängen, denn „Rad Wings of Destiny“ ist ein erfreuliches, durchaus lohnendes Wiederhören einer zwischenzeitlich leider auch von mir völlig vergessenen Band.
Und dafür gibt’s von mir 7 von 10 HELLFIRE-Punkten.
Tracklist
1. That Ain’t Livin‘
2. Not Like The Other
3. Everything’s Changing
4. Kill The Pain
5. Lola
6. Dead Friends Play
7. Up in the City
8. Drinkin‘ And Drivin‘
9. Failure
10. Long Road