Unprocessed – Artificial Void

© Unprocessed

Geschrieben von Katja Maeting
Band: Unprocessed
Album: Artificial Void
Genre: Progressive Metal
Plattenfirma: LongBranch Records
Veröffentlichung: 09. August 2019

Ich neige ja vom Prinzip her zur exzessiven Sachlichkeit, von daher ist es schon schwer, mir ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern. Mit der Ankündigung ihres neuen Album „Artificial Void“ haben es Unprocessed bei mir aber sogar zu einem fetten Grinsen gebracht, denn schließlich war ich vom im letzten Jahr veröffentlichten „Covenant“ restlos begeistert. Mit entsprechend hoher Erwartungshaltung bin ich dann auch an den neuen Langspieler herangegangen.

Die Band aus Wiesbaden, 2014 gegründet, weist nach anfänglichen Wechseln inzwischen ein stabiles Line-up auf und kann daher beim kreativen Prozess aus dem Vollen schöpfen und auch selbstbewusst neue Wege beschreiten. Während „Covenant“ in seiner progressiven Ausrichtung stark vom Metalcore beeinflusst war, bleiben Unprocessed auf „Artificial Void“ zwar weiterhin modern ausgerichtet, ziehen ihren Inspirationen aber aus einer breitgefächerteren Skala und wandeln sich thematisch von einer nach innen gerichteten Betrachtung zu einem Blick in die Zukunft. 

Der Opener „Prototype“ ist so etwas wie der Abholpunkt zum letzten Album, erleichtert mit seiner an „Covenant“ angelegten Art des Riffings den Übergang zur neuen Gedankenwelt von Unprocessed und flicht nach und nach Veränderungen ein, zeigt aber auch, dass sie viele ihre Markenzeichen, wie die stets prominente Bass-Linie, fortführen. „Ruins“ startet minimalistisch und bildet nach und nach ein musikalisches Origami, indem sich immer weitere Instrumente und Effekte in den Sound integrieren. In seiner ruhigen, aber nicht bruchfreien Art einer der experimentellsten Songs des Albums, der mit Synthies und unterschiedlich gelagerten Melodielinien spielt. Bei „House Of Waters“ arbeiten Unprocessed mit sphärischen Momenten und Chor-Passagen, welche dem Song einen Hauch Epik verleihen, während Frontmann Manuel beim nachfolgenden „Avatar“ in den Strophen endlich auch mal wieder ausführlich in den Shout-Bereich wechselt, begleitet von druckvollen Rhythmus-Elementen. Der melodische, clean gesungene Refrain setzt mit seiner choralen Hintermalung hier die passenden weichen Gegensätze im Song.

Während „The Movements, Their Echoes“ loten Unprocessed dieses Wechselspiel dann perfekt aus: Shouts bis hin zur Aggressivität des Deathcore, verzaubernde und mysteriöse cleane Gesanglinien, Symphonic-Synthie-Einschübe, harte Rhythmus-Kaskaden, melodisches Mäandern und alles in einer zielstrebigen Struktur vereint, die den Fokus behält. Mit „Closure“ lassen die Jungs schließlich ihr Album passend ausklingen, ein instrumentaler Epilog, der aus der Erzählung führt, Gedanken aufgreift und verwirft, Handlungsfäden zusammenführt zu einem großen Finale, dessen emotionales Wechselspiel zwischen Piano und Synthesizern austariert wird. Eine erstaunlich gefühlige Nummer, die technisches Anspruchsdenken hintanstellt. 

Unprocessed legen hier wieder ein großartiges Album vor, welches mit Schönheit, Abwechslung und Ideenreichtum zu begeistern weiß. Erneut gelingt den Jungs die perfekte Balance aus technischem Anspruch und Eingängigkeit mit einer vermeintlichen Leichtigkeit, die unglaublich ist. „Artificial Void“ erschafft wieder eine komplexe musikalische Welt, die sich im Artwork und der visuellen Umsetzung fortsetzt. Wenn wohl auch „Covenant“ immer mein Liebling bleiben wird, so ist dieses Album jetzt schon fester Bestandteil meiner Jahres-Charts. Sollte ein Fan des modernen Prog diese Band noch nicht kennen, so ist es dringend an der Zeit, diese Bildungslücke zu schließen. 

Von mir gibt es 9 von 10 Hellfire-Punkten

Trackliste:
01. Prototype
02. Artificial Void
03. Ruins
04. Fear
05. Abandoned
06. House Of Waters
07. Avatar
08. Antler’s Decay
09. Down The Spine
10. Another Sky
11. The Movements Their Echoes
12. Closure

Line-up:
Manuel Gardner Fernandes – Vocals, Guitars
Christoph Schultz – Guitars
Christopher Talosi – Guitars
David Levy – Bass
Leon Pfeifer – Drums

Weitere Infos:
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