Geschrieben von: Klaus S.
Band: Various Artists
Album: R#XMS Vol.2
Genre: Rock / Metal
Plattenfirma: Metalville
Veröffentlichung: 29.11.2024
Alle Jahre wieder…graut es mir vor dem vier/fünfwöchigen akustischen Terror in Form von unerträglichen Weihnachtssongs in Dauerrotation, sowohl im Radio als auch in nahezu jedem Kommerztempel welcher Art auch immer. Gräueltaten wie „Last Christmas“ und „All I Want For Christmas Is You“ stehen schon mit einem dämonischen Grinsen in den Startlöchern und warten nur darauf, mir jeden Tag die Laune aufs Neue zu verhageln und jeglichen Anflug von Weihnachtsstimmung im Keim zu ersticken. Das sind die Momente, in denen ich mich emotional dem Grinch sehr verbunden fühle.
Da sorgt die Aussicht auf eine Compilation mit ebensolchen Songs aus dem Starkstrom Bereich auch nicht unbedingt für ein strahlendes Lächeln auf meinem Gesicht. Doch mit einem prüfenden Blick auf meinen Whisky-Bestand gehe ich die Herausforderung an, und wer weiß, vielleicht ergreift der Geist der Weihnacht ja doch noch Besitz von mir…
„R#XMS Vol.2“ nennt sich die Scheibe, und der Titel lässt erahnen, dass es da irgendwann einmal – genauer gesagt vor drei Jahren – einen ersten Teil gegeben haben muss. Die beiliegende Promo verspricht mir nicht nur diverse neue, unveröffentlichte Tracks namhafter Bands/Künstler: innen, sondern garantiert auch „unvergessliche Abende unterm Weihnachtsbaum“. Ich glaube, ich schenke mir vorsichtshalber schonmal ein Gläschen ein…
Den Songreigen mit Doro zu starten ist sicherlich keine schlechte Wahl, denn Doro geht immer. „Rock ‚N‘ Roll Christmas Party“ wirkt in den Strophen wie ein leicht melancholischer Midtempo Rocker, im Refrain hingegen wird die Party ausgerufen. Kann man hören. Als nächstes folgen die betrunkenen Schwalben, die auf „Früher war mehr Lametta “ irgendwo zwischen Hosen und Broilers leicht zynisch die ach so heile Weihnachtswelt besingen. Auch hier gilt: gar nicht mal so schlecht.
Bei Mystoperas Beitrag „Nordlicht“ hingegen schiele ich erstmals zum griffbereiten Tumbler, der Richtung Folk Metal tendierende Song verbreitet nicht wirklich Weihnachtsstimmung und ist mir insgesamt zu weinerlich. Richtig schlimm sind die Momente kurz vorm Refrain, wenn der Gesang in ähnlich schräge Höhen abdriftet wie Marv nach dem längeren Anfassen der unter Strom gesetzten Wasserhähne in „Kevin allein in New York“. Auch Liv Kristine’s „Dejlig Er Jorden / Endelig Jul Igen“ lässt mich ratlos zurück, denn obwohl es an ihrem glasklaren Vortrag nichts zu kritisieren gibt, klingt der Sound des getragenen, fast schon doomigen Songs seltsam knarzig.
Über den gerade mal knapp über eine Minute langen, dramatischen Lionheart Track „Remembrance, Praying For World Peace“ kann man getrost den Mantel der Nächstenliebe legen, bevor Lee Aaron mit ihrem stark Richtung Pop tendierenden „Almost Christmas“ wieder einen einigermaßen verträglichen Song serviert. Nach dem mich irgendwie an die Kelly Familiy erinnernden „Xmas With You“ von Gotthard Gitarrist Leo Leoni und seinen Freunden bin ich endgültig bereit für nen Drink, und während ich diesen genieße plätschert das Country-artige „Snow Day“ von den Ohio City Singers nahezu ungehört an mir vorüber.
Normalerweise kann ich der Musik von Seraina Telli (ex-Burning Witches) ja einiges abgewinnen, aber dass sie ausgerechnet das von mir verhasste „All I Want For Christmas…“ covern muss, entfacht nun wirklich keine Begeisterung. Während Frau Telli zu Beginn Mariah Carey eins zu eins nachzueifern scheint, verpasst sie dem Track ab der zweiten Strophe gesanglich einen ordentlichen Rock-Schub, so dass ich zumindest vom Betätigen der Skip-Taste abgehalten werde. „Let It Snow“ klingt genau so, wie man sich einen Song der Glam Rocker The Sweet halt vorstellt, von daher geht das in Ordnung.
„The Quill“ liefern mit dem Steve Miller Cover „Winter Time“ zwar keinen wirklichen Weihnachtssong, doch gehört die Nummer sicherlich zu den Besseren Stücken dieses Samplers. Auch das Gothic-artige „Black Christmas“ von Vlad In Tears ist gar nicht mal so schlecht, was man von Maerzfeld’s Rammstein-für-Arme Track „Weihnachtsknall“ leider nicht behaupten kann. „Dan Zig Hates X-Mas“ klingt wie ne Stoner Variante von Marilyn Manson, nur ohne Keyboards, was spätestens ab dem dritten Glas Whisky ganz gut kommt.
Wer die Sangeskünste des guten Mambo Kurt kennt, der kann erahnen, wie grenzwertig die legendäre Bing Cosby Nummer „White Christmas“ mit Heimorgel Untermalung klingen mag, aber ich denke ab einem gewissen Pegel findet man das Ergebnis zumindest einigermaßen lustig.
Über Sinn oder Unsinn solcher Compilations kann man natürlich geteilter Meinung, die einen werden drauf abfahren, die anderen eher nicht. Allerdings kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, dass dieses Teil recht lieblos zusammengeklatscht wurde, denn wenn man die Lautstärke bspw. bei Lee Aaron gut eingestellt hat, muss man bei The Quill den Regler ordentlich nachjustieren, um das Teil vernünftig hören zu können. Hier hätte man besser nacharbeiten müssen. Nicht nur deshalb wird „R#MS Vol.2“ mir eher keine unvergesslichen Abende unterm Weihnachtsbaum bescheren…
Tracklist:
01 Doro – Rock ‚N‘ Roll Christmas Party (previously unreleased)
02 Drunken Swallows – Früher war mehr Lametta (previously unreleased)
03 Mystopera – Nordlicht (previously unreleased)
04 Liv Kristine – Dejlig Er Jorden / Endelig Jul Igen (previously unreleased)
05 Lionheart – Remembrance, Praying For World Peace
06 Lee Aaron – Almost Christmas
07 Leo Leoni & Friends – Xmas With You
08 Ohio City Singers – Snow Day
09 Seraina Telli – All I Want For Christmas Is You
10 Sweet – Let It Snow
11 The Quill – Winter Time (previously unreleased)
12 Vlad In Tears – Black Christmas (previously unreleased)
13 Maerzfeld – Weihnachtsknall
14 Dan Lorenzo – Dan Zig Hates X-Mas
15 Mambo Kurt – White Christmas (previously unreleased)
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