Geschrieben von Jörg Schnebele // Fotos by Jörg Schnebele JSPics
Das Wacken Open Air 2023 ist gelaufen. Während ich an diesem Artikel sitze, ist das Festival für 2024 bereits seit Stunden ausverkauft.
W:O:A 2023 wird, und das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, unvergessen bleiben. Noch nie in der Geschichte des Mega Eventes hat es im Vorfeld derart schlechte Wetterbedingungen gegeben, dass die Veranstalter gezwungen waren, irgendwann die Reißleine zu ziehen und ein Anreise Stopp zu verkünden. Bitter natürlich für alle die, die kurz vor der Haustüre ihres Lieblingsschauplatzes waren und wieder abreisen mussten.
Aber, und da bin ich mir sicher: keiner hat mehr gelitten als Thomas Jensen und Holger Hübner, die schweren Herzens die bittere Entscheidung verkünden mussten.
Wenn man dann die (z.Tl. verständlichen) Social Media Kommentare liest, ist man schon ein wenig fassungslos. Natürlich sind die Zurückgewiesenen enttäuscht, verbittert…
Aber man muss vorrangig berücksichtigen, dass die Sicherheit für ALLE gewährleistet sein muss, und das war an irgend einem Punkt nicht mehr der Fall.
Ich saß selber neun Stunden für eine Strecke von 7,8 km auf dem Weg zum Check In im Stau. Nicht prickelnd, aber es war nun mal so. Für das Wetter kann niemand etwas, und zaubern leider auch nicht.
Thomas und Holger und das ganze Wacken Team haben sich den Arsch aufgerissen und das Bestmögliche aus der prekären Situation gemacht. Dafür von meiner Seite eine tiefe Verbeugung! Aud natürlich haben sie sich umgehend darum gekümmert, wie und was man tun kann, um die Betroffenen irgendwie zu entschädigen. Meine Hochachtung!!
Und bevor es nun an das Bearbeiten von 15000 Bildern von 60 Bands (ja, ich habe das Vorjahresergebnis um 3 Bands verbessert) angehe, noch ein paar Worte zum gesamten Team des W:O:A.
Sorry, wenn ich nicht alle Gewerke namentlich berücksichtige; gemeint sind aber all die fleißigen Helferinnen und Helfer. Die Security freundlich, zuvorkommend, die Leute im Pressezelt geduldig (auch wenn der eine oder andere, so wie ich, vielleicht mal genervt hat), Ordner und Streckenposten freundlich und zurückhaltend, auch wenn sie mal die eine oder andere Anweisung gegeben haben, die man gerne anders gehört hätte. Regeln sind halt Regeln.
Nicht zu vergessen all die Leute, die für die Sauberkeit auf dem Gelände und – SEHR wichtig – auf den Toiletten gesorgt haben! Usw usw…..
Wie die Jahre zuvor kamen wir nach Wacken, unserem zweiten Zuhause, wurden herzlich aufgenommen und hatten alle zusammen eine supergeile Zeit. Neue Leute kennengelernt die schnell zu Freunden wurden; ob nun vom W:O:A Team, den Kolleginnen und Kollegen der Foto Fraktion, oder Musikerinnen und Musiker. Ich bin zutiefst dankbar dafür.
Wacken Open Air Tag 1, Mittwoch 02. August 2023
Der Musikzug Wacken Firefighter e.V. hatte sich sein Eröffnungskonzert beim W:O:A 2023 mit Sicherheit anders vorgestellt. Und auch bei mir lag die Planung etwas anders; dass die Firefighters mein erstes Konzert werden würden, wusste ich zwei Stunden vorher noch nicht.
Die Wetter- und Planungskapriolen hatten daran den entscheidenden Anteil.
Bereits nach einem Stück war der Auftritt der Firefighters auch schon zu Ende (und dieses Stück war eher eine Good Will Aktion für das Publikum). Ein Teil der Gruppe war zur Lemmy Parade eingeteilt, die zeitnah stattfinden sollte, und so wurde dann notgedrungen nach dem Soundcheck abgebrochen.
All For Metal waren am Tag eins des WOA für mich die erste Band im Zeitplan. In der Presse erfahren die Damen und Herren nicht uneingeschränktes Lob ob ihrer klischeehaften Mucke. Ich allerdings stehe darauf, und schon im Vorfeld war der Auftritt in Wacken eines meiner persönlichen Highlights zum Ablichten. Und All For Metal hielten, was ich mir erhofft hatte und schmetterten einen absolut hochklassigen Set runter.
Vielen Dank an die Band!!!
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wir mir 1992 das Debütalbum von Skew Siskin ins Haus flatterte. Richtig getouched hat mich das Ding nicht; aber zu dieser Zeit hat mich auch die Musik von Motörhead weitestgehend kalt gelassen. Wieso dieser Bezug? Ganz einfach: Lemmy fuhr voll auf die Berliner Truppe ab und hat bei jeder Gelegenheit rausgelassen, wie geil die Truppe um Sängerin Nina C. Alice sei.
Und nun, beim WOA 2023 hatte ich nun erstmals die Gelegenheit, die Band live zu sehen. Nun verstehe ich auch Lemmys Begeisterung, und nach dem coolen (mit einigen Stunden Verspätung) Auftritt, werde ich mir jetzt das Material der Berliner noch einmal mit ganz anderen Ohren reinziehen.
Nachdem ich Skew Siskin mit einigen Stunden Verspätung gesehen hatte, eilte ich zur Faster Stage, um dort um 16:00 Uhr Holy Moses zu sehen. Umso überraschter war ich, als dann mit dem Fall des Vorhangs die Band Skindred anstatt der deutschen Thrasher angekündigt wurde. Der musikalische Mix aus Reggae, Metal und Hip-Hop ist mal gar nicht mein Ding. Allerdings machte Sänger Benji Webbe alles wieder durch seine umwefende Bühnenpräsens wett. Für mich also musikalisch Daumen runter, optisch (und da lacht das Fotografenherz), den Daumen ganz fett nach oben.
Death In Taiga sind die diesjährigen Metal Battle Gewinner aus Litauen und hatten somit die Gelegenheit, um den internationalen Titel auf der W:E:T Stage zu kämpfen. So Testosteron belastet und grimmig, wie die Jungs bei ihrem 20 Minuten Set aussahen, schienen sie wirklich einen persönlichen Kampf zu führen. Für mich persönlich ein wenig übertrieben. Aber gut, der Set war amtlich und die Band fand ihre Fans in der Menge.
Ich bin generell sehr skeptisch, wenn durch den Zusammenschluss neuer Musiker-Konstellationen, seitens Platten – und Promofirmen „Supergroups“ angekündigt werden.
Im Fall von Universum 25 handelt es sich um Rupert Keplinger (Eisbrecher, Antitype), Alex Schwers (Slime), Gunnar Schröder (Dritte Wahl), Pat Prziwara (Fiddler’s Green), Michael Robert Rhein (In Extremo). Und in diesem Fall sind die Vorschusslorbeeren zurecht ausgeteilt worden.
Michael Robert Rhein stapelte indes bei einer seiner Ansagen tief, indem er die Band ans unbekannt und, was die fehlende Live Praxis anginge (offensichtlich das erste Konzert der Band), unerprobt vorstellte.
Natürlich wussten die meisten Fans vor der Headbangers Stage, wer sich hinter Universum 25 verbirgt und feierten die Combo mächtig ab; nicht zu Unrecht!
Finntroll sind schon ein schräger Haufen und haben sich, vielleicht genau wegen ihrer Troll-Klatsche, seit 1997 mit ihren Blackened Folk Metal behaupten können.
Gerade wegen ihres schon recht eigenen Stils greifen sie dabei sowohl die dunkle Fraktion an Fans ab, als auch die, die dem Folk frönen.
Und selbst, wenn man mit der Mucke nicht klarkommt, ist ein Live Auftritt der Finnen etwas Besonderes. Für mich definitiv ein Highlight.
Metal Queen Doro feiert dieses Jahr ihr 40jähriges Bühnenjubiläum und präsentiert sich beim WOA eine super Show mit vielen tollen Gästen, so u.a. Hansi Kürsch (Blind Guardian) oder Joey Belladonna (Anthrax).
Die Songauswahl klasse, was auf Grund des zur Verfügung stehenden Materials sicherlich nicht einfach war für die Düsseldorferin.
Die Meute vor der Bühne feierte die Show nach Strich und Faden. Leider war wie üblich für uns Fotografen lediglich die ersten drei Songs freigegeben; die Gäste kamen danach; es wäre schön gewesen, wenn man da eine andere Regelung getroffen hätte und wir ebenfalls die Gastmusiker hätte ablichten können.
Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich denke, dass die US Doom Metaller Pentagram auf dem WOA 2023 die dienstälteste Band waren. 1971 gegründet und mit Sänger Bobby Liebling immer noch das Micro Urgestein dabei.
Die Jungs sind einfach Kult, und obwohl Doom nicht so ganz mein Geschmack ist, war der Auftritt der Band aus Washington DC eine Pflichtveranstaltung.
Bobby war von eh und je ein kauziger Typ, und die zunehmende Ähnlichkeit mit Catweazle ließ den Auftritt auch optisch zu einem Höhepunkt des Festivals werden.
Ein toller Auftritt, der mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird.
Obwohl Holy Moses bereits seit 1980 im Geschäft sind, habe ich sie (meines Wissens) noch nie gesehen, geschweige denn, fotografiert. Und da die Thrasher um Sabina Classen Ende des Jahres das Kapitel Holy Moses schließen wollen, war Wacken für mich so ziemlich die letzte Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen.
Und beinahe hätte es dann doch nicht geklappt. Durch die chaotischen Bedingungen, die auch noch wetterbedingt am Mittwoch anhielten, wurde der ursprünglich angesetzte Termin um 16:00 Uhr auf der Louder Stage gecancelt. Gott sei dank erhielt ich dann per inoffiziellem Gerücht die Info, dass die Band um Mitternacht auf der W:E:T Stage spielen würde.
Mir wäre der Nachmittagstermin natürlich aus fotografischer Sicht lieber gewesen; Tageslicht hätte sicherlich deutlich bessere Ergebnisse gebracht. So hatten wir Fotografen mit einem extrem schlechten Licht zu kämpfen, das nur noch andertags bei Abbath schlechter war.
Im Nachhinein ärgere ich mich, dass ich über all die Jahrzehnte nie nie Möglichkeit ergriffen habe, mir ein Konzert der Band anzusehen. Viellicht begeisterte Sabina und Band aber auch nur deshalb, weil man sich heuzutage darüber klar sein muss, dass Frau Classen die erste Frau mit Growls war; und das zu einer Zeit, in der Bon Jovi und Konsorten auch zu Metal Bands zählten.
Ein energiegeladener Gig mit viel Spielfreude. Ein toller Abschluss des ersten Tages.