Wacken Open Air: Mittwoch Tag 1

Eigentlich sollte mein Job beim Wacken Open Air 2024 schon Dienstag anlaufen. Einige für mich interessante Bands spielten im LGH in „Wacken-City„. Leider kannte ich das LGH vorher nicht und war ziemlich blauäugig erst ein paar Minuten vor der ersten Band vor Ort.
Keine Chance für mich, auch nur ein paar Meter Richtung Bühne zu kommen.
Also startete ich dann offiziell am Mittwoch mit Crystal Viper auf der Louder Stage. Die Band um Frontfrau und Mastermind Marta Gabriel weckten das müde Volk erwartungsgemäß mit ihrem Power Metal und läuteten damit (für mich) vier tolle Tage in Wacken ein. Energiegeladener Auftritt, der richtig Spaß gemacht hat!

Ich hatte vermutet, dass Graufar irgendwo aus Skandinavien kommen. Aber weit gefehlt: das Heimatlager der Death Metaller ist tatsächlich Linz in Österreich. Obwohl Death Metal nicht so ganz auf meiner musikalischen Schiene liegt, macht es mir immer wieder Spaß, Bands mit Death Hintergrund zu fotografieren. Vor der Headbangers Stage standen genug Leute, die begeistert den Set von Graufar abfeierten und der Band ein verdient gutes Feedback gaben.

Nicht nur ich war gespannt, wie Shouterin Heidi Shepherd ohne ihre ex-Kollegin Carla Harvey bei den Butcher Babies auf der Bühne klarkommt. Die beiden waren in der Vergangenheit ein eingespieltes und sich ergänzendes Team, und es kamen Zweifel auf, ob die Show der Amis nur annährend an frühere Zeiten anknüpfen kann. Kann sie!! Natürlich zog Heidi alle Blicke auf sich und schaffte es ohne Probleme den schmerzlichen Verlust von Carla in der Show aufzufangen. Da gab es nichts, aber auch gar nichts zu kritisieren. Die Butchers überzeugte auf ganzer Linie und hatten das Publikum vor der Louder Stage vom erste Ton an in der Hand.

Man ist immer wieder überrascht, welche jungen Bands aus aller Welt nachrücken. Deshalb ist auch das Metal Battle eine gute Gelegenheit, Bands der großen Öffentlichkeit vorzustellen, die sonst kaum eine Chance hätten, zu zeigen, was sie drauf haben. Ich persönlich schaue mir gerne immer Sets der MB lokalen Gewinner auf der W:E:T oder Headbangers Stage an, was auf Grund des Überangebotes leider viel zu selten passiert. Nicht alles trifft meinen Geschmack, aber nicht selten stößt man hier auf wahre Perlen der harten Musik. So ein Fall sind auch Wasted Land aus Saudi Arabien, die das Metal Battle „Middle East“ für sich entscheiden konnten. Dabei handelt es sich noch nicht einmal um eine junge neue Band. Wasted Land gibt es mit Unterbrechungen bereits seit 2005. Die Band war extrem energetisch und präsentierte eine perfekte und abwechslungsreiche Show, die mich komplett überzeugt hat. Und auch, wenn Wasted Land nicht der Gewinner des diesjährigen Metal Battles waren denke ich, dass man zukünftig auch in unseren Breiten Einiges von ihnen zu hören bekommt.

Seit ihrer letztjährigen Metal Battle Teilnahme sind Phantom Excaliver die Sympathieträger im Metal schlechthin für mich. So viel Spaß, wie die Band selber hatte und auch nach Außen versprüht, sieht man kein zweites Mal. Dementsprechend auch keine allzu große Überraschung, dass die Japaner mit ihrem genialen Power Metal, das Ding dann auch gewonnen haben.
Große Freude meinerseits, die Jungs dieses Jahr wiederzusehen. Schon vorab im Presse Bereich extrem offen für jedermann und für jedes Selfie zu haben, bestätigten Phantom Excaliver dann auf der Bühne den positiven Eindruck. Für mich ist die Band nach Loudness der vielversprechendste Export aus dem Land der aufgehenden Sonne!!!!

Noch bevor ich z.B. etwas von der Existenz der Band Accept wusste, habe ich mir 1982 Girlschool’s Album „Hit And Run“ gekauft und war hin und weg. Das ging mächtig ab, und dies war einer der wichtigen „Türöffner“ für den Heavy Metal für mich.
Leider habe ich Girlschool erst zweimal live gesehen, aber die Damen um Sängerin/Gitarristin Kim McAuliffe haben in mir bei den Live Auftritten augenblicklich die schönen Erinnerungen an die guten alten Zeiten zurückgebracht.
Dies schienen auch tausende andere Fans so zu erleben und füllten den Platz vor der Louder Stage.
Ein für mich denkwürdiger Girlschool Auftritt, der hoffentlich noch lange nicht der letzte sein wird.

Dass der Bandname SDI nichts mit der Stationierung von (Laser)waffen im Weltraum zu tun hat, wissen vielleicht die Wenigsten, die schon mal was von den deutschen Speed-Thrashern gehört haben. In diesem Fall ist es die Abkürzung für „Satans Defloration Incorporated„. Mitte der Achtziger war die Band aus Osnabrück beim Gama Unterlabel Scratchcore untergekommen und veröffentlichte da die ersten Alben. Mit dem zweiten Album „Sign Of The Wicked“ hätte man sich eigentlich etwas auf der Erfolgsleiter nach oben kämpfen können; aber die schlechte Arbeit des Labels blockierte alle Bemühungen. Ich habe damals für mein Fanzine „LiveWire“ ein Interview mit Band Kopf Reinhard Kruse geführt, in dem er sich bereits ob des schlechten Supports beschwerte.
Dass ich die Band jemals live sehen würde, war nicht zu erwarten. Aber Wacken sei Dank, enterte das Trio die Wasteland Stage und wusste in der Tat zu überzeugen.

Die mexikanische Frauenband The Warning erfährt zur Zeit einen absoluten Hype, vergleichbar mit den um Rock Goddess Anfang der Achtziger. Bei The Warning handelt sich um die drei Schwestern Villarreal, die erdigen Hard Rock spielen und es damit auf Anhieb in Wacken auf die große Louder Stage geschafft haben.
Klar macht die Optik eine Menge aus, aber auch musikalisch wusste das Geschwister Trio zu überzeugen.

Mit The Darkness ging es anschließend für mich punkig rockig auf der Faster Stage weiter. Die Briten wissen definitiv zu unterhalten und besonders Sänger/Gitarrist Justin Hawkins stand auf Grund seines Stage Actings auf der Bühne im Mittelpunkt.

Junkwolvz sind die diesjährigen regionalen Metal Battle Gewinner aus Griechenland und spielten in Wacken auf der Headbangers Stage. Der Stil der Jungs ist stark an den Hair Metal der Achtziger angelehnt und traf somit meinen Musikgeschmack zu 100%.
Auf der Bühne agierten die Athener wie alte Hasen und waren deshalb nicht nur für uns Fotografen ein absoluter Hingucker. Klasse Band, die bisher gerade mal ein Demo (2020) und zwei Singles (2022) veröffentlicht hat. Ich hoffe auf ein schnelles Nachlegen mit einem Album.

Dass Hitten Spaß auf der Wasteland Stage hatten, war unverkennbar. Die Spanier fegten über die Bühne, als wenn es um ihr Leben ginge. Passend zu den heimischen Temperaturen, legte Wacken’s Sonne noch einmal kräftig einen drauf und heizte die Stimmung dadurch noch einmal an.
Klasse Performance mit gutem traditionellem Metal.

Weiter gings mit Tessia aus Norwegen mit ihrem Progressiv Power / Death Metal auf der Headbangers Stage. Die Band existiert bereits seit 2016, hat neben zwei EPs und jeder Menge Singles aber erst zwei Full Length Alben veröffentlicht, was daran liegen mag, dass die Band ihre die Outputs ohne Support einer Plattenfirma selber in die Hand nehmen mussten.

Dass Wacken immer für eine Überraschung gut ist, bewies dieses Jahr der Auftritt der in China geborene Cellistin Tina GuoTina ist inzwischen US Amerikanerin und überschreitet mit ihrer Musik und ihren Live-Gästen jede Menge musikalischer Grenzen.
Sehr sympathisch, dass sie in Wacken ihren Gästen sehr viel Raum gab und sich selbst nicht permanent im Vordergrund stand. Ein toller interessanter Set, der mir dauerhaft im Gedächtnis bleiben wird.

Mit irischen Klängen ging es anschließend mit Flogging Molly auf der Faster Stage weiter. Hätte man vermutet, dass die Band von der grünen Insel westlich von England stammt, so läge man definitiv falsch. Flooging Molly sind mit ihrem Folk-Punk-Rock tatsächlich in Los Angeles beheimatet.

Die Bingener A Cappella Band Van Canto hat ihren Platz im Metal Zirkus definitiv gefunden und kann sich seit der Gründung 2006 durchaus behaupten. Auch wenn die Darbietungen zweifelsfrei überzeugen, fehlen mir persönlich einfach die Gitarren, die einen großen Teil der harten Musik ausmachen. Aber A Cappella ist halt A Cappella….

Ohne Frage wäre meine persönliche musikalische Entwicklung in eine andere Richtung gelaufen, wenn ich nicht an einem frühen Samstag Abend Suzi Quatro in der Musiksendung Disco mit „Can The Can“ gesehen hätte. Klar, Deep Purple haben mich in dieser Zeit auch gepackt, aber das Auftreten der zierlichen Lady im schwarzen Lederdress hat mich umgehauen. Und es war dann auch mein erstes Konzert, welches ich gesehen habe. Kurz vor meinem dreizehnten Geburtstag Anfang März 1973 chauffierten mich meine Eltern nach Siegen, wo das Spektakel stattfinden sollte.
2024 nun spielte die Grande Dame der harten Musik in Wacken auf der Louder Stage. Ich rätselte im Vorfeld, wer den den Weg zum Auftritt finden würde. Nur alte Säcke wie ich? Mitnichten! Natürlich auch das gesetztere Publikum; auf der anderen Seite auch viele neugierige Jüngere. Ich habe noch nie so viele Leute vor der Louder Stage gesehen, wie bei Suzi Quatro. Die Menge reichte bis an den Rand des Infilds, und das war gewaltig.
Und Suzi? Nichts verlernt, immer noch sehr Publikums nah und natürlich mit jede Menge Hard Rock kompatibler Songs im Gepäck. Perfekt!

Mit ihrem neuen Album „The Host“ haben Portrait aus Schweden ein Spitzenalbum vorgelegt und bewiesen, dass sie sich über viele Jahre (2005 gegründet) zu recht nach oben gearbeitet haben. Dazu kommt, dass die Jungs aus Kristianstad wahre Tiere auf der Bühne sind und keine Gefangenen machen. Ehrlich gesagt war die Wasteland Stage inzwischen für Portrait die ungeeignetste Bühne auf Wacken. Auf der Louder Stage wären die Jungs tatsächlich am besten aufgehoben gewesen. Aber wo die Band ihren traditionellen Metal unter die Leute haut, scheint ihnen egal zu sein. Hauptsache, sie stehen auf der Bühne! Eine sehr geile Truppe, die ich jedem nur empfehlen kann.

Die aus Bayern Stammende Band Equilibrium war mein Tagesabschluss an diesem ersten offiziellen Wacken Tag. Diew Musik der Band (Epic-Folk-Metal bis Metalcore) geht bei mir tagesabhängig von „perfekt“ bis „heute nicht“! Live hatte ich die Jungs noch nicht gesehen und war gespannt auf ihre Performance. Die überzeugte voll, und vor der Wackinger Stage war vor lauter begeisterter Fans kein Platz mehr zu bekommen.
Toller Auftritt!

 

Für Euch vor Ort: Jörg Schnebele und Klaus Saalfeld

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