Samstag: Tag vier des WOA 2024 und somit der letzte Tag. Ich muss gestehen, dass mein Plan für diesen Tag ursprünglich bedeutend ambitionierter war, als ich es schließlich tatsächlich umsetzen konnte. Um ehrlich zu sein: meine körperliche Kondition war ziemlich hinüber; dazu an beiden Füßen ein halbes Dutzend Blasen. Das ging allerdings nicht nur mir so; viele andere Kolleginnen und Kollegen mussten sich der begrenzten Kraft ihrer Körper und manigfaltiger Blasen an den Füßen ebenfalls geschlagen geben. Und so schaffte ich schließlich von ursprünglich 23 geplanten Bands für diesen Tag gerade noch 16. Nichts desto trotz bedeutete es unterm Strich am Ende: 78 Bands fotografiert (im Vorjahr 60, 2022 57 Bands), 78 km gelaufen.
Als Einstieg in den letzten Tag gings gleich um 11:00 Uhr zur W:E:T Stage, wo die Black Sabbath All Female Tribute Band Black Sabbitch aufspielten. Ich war offen gesagt etwas skeptisch, allerdings haben mich die vier Damen bestens unterhalten; und das ist ja wohl das Wichtigste. Interessanter Gig, den ich bei nächster Gelegenheit mal in einem Club genießen möchte.
Dass Tankard zu nachtschlafender Zeit (es war gerade erst 11:30 Uhr) schon auf die Bühne gehen, hätte ich nicht erwartet. Dass sie aber bereits so gut drauf sind, wäre wohl vor ein paar Jahrzehnten undenkbar gewesen. Wie dem auch sei: der Vierer extrem agil, hatte Spaß ohne Ende und konnte die Meute vor der Faster Stage vom ersten Ton an mitnehmen. Was will man mehr?
Auf der Handbangers Stage gings anschließend weiter mit As Everything Unfolds aus England. Der musikalische Mix aus Post Hardcore/Progressiv Metal und Alternative Rock übersteigt irgendwie meine Auffassungsgabe. Ich komme damit einfach nicht klar. Die Bühnenpräsenz der Femal Fronted Band war ok, aber nicht überragend. Ihre Fans haben die Briten aber dennoch gefunden. Ich bin ja schließlich nicht das Maß aller Dinge.
Warum es Raven nie auf ein Level wie zum Beispiel Saxon gebracht und immer aus der zweiten Reihe agiert haben, ist mir schleierhaft. Gerade Anfang bis Mitte der Achtziger haben die Jungs erstklassige Alben veröffentlicht. Und live waren sie schon damals, wie auch heute noch, eine Urgewalt. Die Brüder Gallagher machen auf der Bühne keine Gefangenen und ackern wie die Tiere. Vielleicht waren sie immer zur falschen Zeit am falschen Ort; wer weiß. Aber schön zu sehen, dass man ihnen mit der Harder Stage eine passende Bühne bereitet hat, denn die war definitiv richtig gewählt.
Wolf aus Schweden spielten anschließend auf der W:E:T Stage. Die Band gibt es inzwischen auch schon seit Mitte der Neunziger. Ihr Stil ist stark an den NWOBHM angelehnt. Von der Urbesetzung ist lediglich Sänger/Gitarrist Niklas Stålvind noch dabei, der aber offensichtlich die musikalischen Fäden in der Hand hält und dem ursprünglichen Wolf Stil über die Jahre treu bleibt. Live wussten die Jungs definitiv zu überzeugen und gaben ein amtliches Bild ab.
Vanaheim waren für mich eine äußerst positive Überraschung. Ich kannte die Band nicht, wählte sie für mich aber an Hand der Beschreibung in der Wacken App aus. Und das war ein hundertprozentiger Treffer. Nicht nur musikalisch überzeugten mich die Niederläander (!!!) mit ihrem Epic Folk Metal, sondern auch optisch. Eine Hammershow, die mir noch lange im Gedächtnis bleiben wird. Klasse!!!
Wer mich kennt weiß, dass ich mit der NDH musikalisch nicht viel anfangen kann. Was aber die Shows der Bands angeht, sieht das komplett anders aus. Deshalb begab ich mich zur Faster Stage, um mir Oomph anzusehen und hoffte auf ein paar nette Fotos. Ich muss zugeben: die Show war super!
Ich kenne Hirax tatsächlich aus der Zeit des Tapetradings Anfang Mitte der Achtziger. Lange vor Internet und Social Media kamen diverse Tapes von Übersee anch Europa und wurden hier kopiert und weitergereicht. Sänger Katon W. de Pena ist tatsächlich das einzig verbliebene Urmitglied der Thrasher, hat aber Mitstreiter gefunden, die den Spirit der Achtziger aufgegriffen und mit ihm zusammen in die heutige Zeit transportieren. Und mit seinen sechzig Jahren ist Katon fitter als so mancher Jungspund und lieferte auf und vor der W:E:T Stage eine umwerfende Performance ab. Klasse!!
Sebastian Bach stand ganz weit oben auf meiner Wacken 2024 Wunschliste. Ich kann zwar sehr gut mit den Skid Row Outputs ohne Sebastian leben, aber für mich ist er DER Skid Row Sänger. Das ganze Festival über war tolles Wetter und ausgerechnet beim Set von Sebastian Bach goss es wie aus Eimern, und zwar so stark, dass man binnen ein paar Minuten komplett durchnässt war. Ich habe meine Kameras nur bedingt geschont, konnte aber leider keine vernünftigen Bilder schießen. Das schreit nach einer Wiederholung auf einer Hallen Tour.
Beasto Blanco auf der Wasteland Stage überraschten mich komplett. Das Album hat bei mir erst nicht gezündet; nach dem Auftritt in Wacken sieht es inzwischen ganz anders aus. Manchmal muss man eine Band erst gesehen haben, bevor man die Musik zu schätzen weiß. Mittelpunkt neben Gitarrist Chuck Garric, Calico Cooper, die Tochter von Shocker König Alice, die nicht nur musikalisch sondern auch horrormäßig in den Fußstapfen ihres alten Herren schreitet. Klasse Show!
Vio-Lence aus San Francisco beim WOA. In den Achtzigern eine Macht im Kreise der Thrash Bands; Anno 2024…. Ich weiß nicht, Sänger Sean Killian versucht die Fahne hochzuhalten, hat aber neben Basser Christian Olde Wolbers kein stabiles Line Up. Wie bei vielen anderen Bands, die aktuell wieder Reunions starten, stellt sich die Frage nach dem Sinn…..
Behemoth haben ihren Beliebtheitsgrad seit 1992 stetig nach oben geschraubt und touren seit Jahren gefühlt ohne Unterlass. In Wacken sind sie inzwischen Stammgäste. Obwohl die Band bezüglich der Show keine großen Veränderungen präsentiert, zog es die Fans auch dieses Mal in Scharen vor die Faster Stage. Und Behemoth präsentierten wie gewohnt eine hochklassige Show!
Der erneute Marsch zur Wasteland Stage war inzwischen sehr beschwerlich, aber Asagraum wollte ich mir definitiv nicht entgehen lassen. Die niederländische All Femal Black Metal Band (mit norwegischen Wurzeln) war richtig cool zu fotografieren. Auch so eine Entscheidung, lediglich auf Grund des Bandfotos. Die Musik für mich wieder nicht so mein Ding; allerdings hat sich der Auftritt und der „steinige“ Weg zur Wasteland definitiv gelohnt.
Cradle Of Filth habe ich noch nie gesehen, obwohl die britische Band auch schon seit 1991 besteht. Bandkopf Dani Filth hat über die Jahre einen gewissen Kultstatus erlangt und das Vermächtnis der Band mit wechselnden Besetzungen stetig weitergeführt. 2019 hat die Band das letzte Mal in Wacken auf der W:E:T Stage gespielt und ist nun, nicht zu Unrecht, zur Louder Stage aufgestiegen. Musikalisch und optisch ein toller Auftritt.
Flotsam And Jetsam haben es eigentlich nie wirklich leicht gehabt, obwohl sie hervorragende Alben veröffentlicht haben. Die Band aus Phoenix Arizona stand von eh und je im Schatten der ganz Großen. Dennoch haben die Jungs um Sänger Eric A.K. und Gitarrist Michael Gilbert nie den Kopf in den Sand gesteckt und ihr Ding durchgezogen. Live sind Flotsam And Jetsam eine Macht, was sie mal wieder auf der W:E:T Stage bewiesen.
Mit Primordial ging für mich nicht nur Tag 4 des WOA zu Ende, sondern das Wacken Open Air 2024. Die Iren ballerten zu später Stunde ihren keltisch geprägten Black Metal unter die Leute und ernteten, wie nicht anders zu erwarten, jede Menge Zuspruch vom Publikum. Ein würdiger Abschluss „meines“ WOA.
Resümierend war Wacken für mich wieder DAS Highlight des Jahres, obwohl (bis jetzt) 2024 viele geile Konzerte mit jeder Menge Höhepunkte für mich anstanden. 78 Bands habe ich geschafft, und 78 Bands haben mich geschafft. Aber so solls auch sein. Und nun fiebre ich Wacken 2025 entgegen.
Für Euch vor Ort: Jörg Schnebele und Klaus Saalfeld