Geschrieben von Nancy Nern (nn), Marco Gräff (mg) und Jörg Schnebele (js)
(js) Am Samstag ging es für mich um die Mittagszeit zur W.E.T. und Headbanger Stage. Suidakra standen auf dem Plan. Da ich aber recht zeitig vor Ort war, konnte ich mich noch am Set von Manticora aus Kopenhagen erfreuen, die einen klassischen Heavy Metal spielen, der seine Wurzeln durchaus auch beim NWOBHM hat. Eine überzeugende Leistung, und das zu dieser frühen Mittagsstunde.
(nn) Mit den Emil Bulls sollte der Samstag für uns ähnlich in den Tag starten wie am Tag zuvor mit Jinjer. Die Münchener Alternative Metal Band legte pünktlich zum Mittagsschlag los wie die Feuerwehr. Eine Stunde lang tobten sich die Jungs auf der Bühne aus, allen voran, wie man ihn kennt, Sänger Christoph v. Freydorf. Trotz der schon warmen Temperaturen wurde den zahlreichen Fans vor der Bühne (eventuell) vorhandener Restalkohol aus dem Körper geblasen. Der letzte Wacken Tag konnte also beginnen.
(mg) Auf dem Weg zur Headbanger Stage, wo Suidakra auf uns warten sollte, führte uns ja der Weg vorbei an der Faster Stage, wo gerade Die Kassierer ihr Unwesen trieben. Mir trieben sie in allererster Linie Tränen in die Augen. Ich weiß nur immer noch nicht, ob vor Weinen oder Lachen. Der Anblick der Leinwände, die groß den Sänger zeigten, dürfte Kennern der Kassierer ein Begriff sein. Was diese Show jedenfalls auf der Hauptbühne zu suchen hat ist mir allerdings ein Rätsel.
Aber gut. Jedem das Seine. Suidakra spielten entgegen meiner Befürchtungen ein richtiges Metal-Set. Ihr letztes Album war ja ein akustisches Folkalbum, und so lag der Verdacht nahe, dass es etwas ruhiger zugehen würde. Wäre jetzt nicht unbedingt dramatisch gewesen, nur so passt’s halt besser nach Wacken. Das Quartett mit Dame an der Violine bot feinsten Melodic / Folk Death Metal und führte quer durch die Werke der Band aus Monheim am Rhein. Ein starker Auftritt der auch zu dieser frühen Tageszeit mehr Zuschauer verdient hatte.
(js) Mittelalter Metal aus deutschen Landen präsentierten mittags Subway To Sally auf der großen „Harder“ Bühne. Die Potsdamer haben sich über die Jahre ihren festen Fankreis erspielt, der sich nun auch mit abertausenden Leuten vor der Bühne platzierte, um den Klängen der Band zu lauschen. Mir selbst wurde das Ganze ziemlich schnell langweilig aber der Menge lieferte die Band offensichtlich das, was man erwartet hatte.
(js) Molllust aus Leipzig spielen „Opera Metal“, was dem geneigten Publikum schon eine Menge abverlangt. Ich weiß nicht, ob ich mir eine komplette CD am Stück reintun könnte, aber live bieten die Jungs und Mädels eine ganze Menge (auf jeden Fall schon mal auf Grund der Tatsache, dass hier Kontrabass, Cello und Geigen zum Einsatz kommen, was den Live-Set doch recht abwechslungsreich macht). Darüber hinaus überzeugten auch die Aktionen der Musiker untereinander sowie der Kontakt zum Publikum, welches den Set abwechslungsreich und interessant machte.
(nn) Danach sollte es wieder brachialer zu Werke gehen. Metalcore findet sich in Wacken ja nicht immer all so häufig. Doch OF MICE & MEN aus Kalifornien hatten keine Mühe die Massen vor der Faster Stage zum Ausrasten zu bringen. Derbe Riffs und satte Breakdowns förderten indirekt den Getränkeumsatz auf dem Infield. Die Band hatte ein breites Grinsen im Gesicht und die vielen fliegenden Haare haben so manche von uns Mädels neidisch dreinschauen lassen. Coole Show, satter Sound, so durfte es gerne weiter gehen.
(js) Leider war die Zeit zwischen Girlschool um 17:00 Uhr auf der Beergarden Stage und Uriah Heep um 17:15 Uhr auf der Louder Stage nicht wirklich optimal, so dass ich bereits im Vorfeld wusste, dass ich mir die Britinnen nicht wirklich ausgiebig anschauen konnte. Dass, was ich allerdings genießen durfte, war aller Ehren wert. Die Damen sind nun auch nicht mehr die jüngsten, aber sobald der Vierer auf der Bühne ist, sprüht die jugendliche Energie; klasse!!
(mg) Auf Prophets of Rage war ich einerseits gespannt, andererseits hatte ich auch Bedenken, wie groß der Rap Anteil der Allstar-Crossover-Band sein wird. Zum Glück waren die Songs von „Rage against the Machine“ in der Überzahl und Gitarrenmeister Tom Morello durfte mehr als einmal seinen guten Ruf betsätigen. Auch einige Songs von „Public Enemy“ wurden zum Besten gegeben, und auch die „Cypress Hill“ Klassiker „Insane the brain“ und „Jump arround“ durften nicht fehlen. Ein denk- wie fragwürdiger Wackenmoment, der erstaunlich viel Zuspruch erlangte.
(js) Uriah Heep waren mein Wunschact Nummer eins an diesem Tag und ich war wirklich überrascht, wieviel Fans den Weg vor die Louder Stage fanden. Das Infield war derart voll, dass die Security den Bereich wegen Überfüllung sperren musste. Das einzig übriggebliebene Ur-Mitglied, Gitarrist Mick Box und seine Mannen ließen tausende Gesichter mit der Sonne um die Wette strahlen. Uriah Heep waren, sind und werden immer eine Kultband sein, die man sich unbedingt live gönnen sollte.
(js) Um 19:15 Uhr erwischte es mich kalt, als ich voller Vorfreude zur W.E.T. Stage eilte, um die vermeintlichen Kult Metaller Lionheart zu sehen. Allerdings handelte es sich hier nicht um die NWOBHM Veteranen, sondern um die Hardcore Kapelle aus Kalifornien.
Hm, was soll ich sagen: eine bessere Recherche im Vorfeld wäre klasse gewesen.
(js) Ein weiterer Höhepunkt erwartete mich am frühen Abend auf der Hauptbühne: Powerwolf, mal bei Tageslicht war mal etwas ganz Neues. Nicht neu war, dass das Wolfsrudel ohne Wenn und Aber ablieferte und Zehntausende Fans in einen wahren Taumel spielte. Attila und Konsorten sind eine Bank und man kann ihnen jederzeit vertrauen, einen unvergesslichen Set geliefert zu bekommen.
Super duper klasse!!
(mg) Mehr oder weniger weil gerade nichts Besseres zu sehen war, wir genug Impressionen aus dem Wasteland hatten und der Großteil eh gerade bei Powerwolf war, gönnten ich mir die Dark Metaller Nachtblut. Während auf der Faster Stage gerade die „Metal Messe“ aus dem Saarland im vollen Gange war, boten die Düsterbuben aus Osnabrück eine wesentlich dunklere Messe, die zahlreiche Vampire vor die Bühne lockte. Harte Riffs, düstere Meoldien und intensiver Gesang. Optik wie Klang passten gut zusammen und mit ihrer Vorstellung blieben mir Nachtblut nachhaltig im Gedächtnis.
(js) Mein Festival-Abschied waren abends auf der Headbanger Stage Delain. Die Holländer um Sängerin Charlotte Wessels zelebrierten ihren Gothic Rock/Symphonic Metal amtlich, aber ohne einen wirklichen Höhepunkt.
Das Publikum war begeistert, aber Euphorie ist anders.
(mg/nn) Den heutigen Höhepunkt sollten die australischen Surfer Boys und Metalcore Giganten Parkway Drive bieten. Noch vor der Show wurde kund getan, das um 21:45 eine Überraschung für alle Anwesenden wartet. Die Fotografen wurden deshalb auch erstmals alle auf einmal in den Graben vor Bühne geleitet um dem Schauspiel aus nächster Nähe zu folgen.
Das WOA präsentierte in einer aufwendigen Licht- und Bühenshow die ersten Bands für das Wacken Open Air 2020. Mit südamerikanischen Stammestanzen, Farben und Klängen folgten auf den Leinwänden „Judas Priest“, „Amon Amarth“, „Hypocrisy“, „Sodom“, „Mercyful Fate“ und noch einige andere Bands, die jetzt schon das diesjährige Line Up in den Schatten stellen dürften. Doch zuvor das Highlight schlechthin, „Trivium“ Frontmann Matt Heafy, der ansonsten im Spieleparadies anzutreffen war, spielte zwischen den beiden Hauptbühnen ein Gitarrensolo, während Funken aus dem Gitarrenhals sprühten. Effektvolle Darbietung und eine feine Show.
Dann wurde es Zeit den Superstars von Parkway Drive Aufmerksamkeit zu schenken. Wer auf einem ihrer Frühjahrskonzerten zu Besuch war, konnte schon erahnen, dass die Band auch in Wacken per Fackel-Geleitzug durch die Menge auf die Bühne marschierte. Dort boten sie mit weniger Pyroshow als erwartet eine wiederrum sagenhafte Show mit allen Hits der letzten zwei, drei Alben. Besondere Aufmerksamkeit erlangte dabei Bassist Jia O’Connor, der auf einem Rollstuhl reingeschoben wurde und aus diesem sitzend die Show spielte. Was folgte war bekanntermaßen stark gespielt und emotional dargebracht, in allererster Linie von Sänger Winston, der so manches Tränchen der Freude auf der Bühne verdrückt hat. Parkway Drive waren vielleicht nicht der Headliner den man sich unbedingt vorgestellt oder gewünscht hat, aber dafür war das schon echt geil und bestätigt den starken Eindruck, den sie im Januar in Frankfurt hinterlassen haben. Gerne wieder.
(nn) Mein letzer Job auf dem diesjährigen Wacken war es zu meiner großen Freude, die Lieben von Mono Inc. zu fotografieren. Um kurz vor zwölf, am Samstagabend nach vier schweren Tagen in den Beinen, keine leichte Aufgabe mehr. Aber das Gefühl vor einer meiner Lieblingsbands mit meiner Nikon im Anschlag im Graben zu stehen, ein paar Tausend Fans im Rücken und die Gewissheit, hier wird es gleich großartig, lässt dann auch die kleine Nancy nicht unberührt. Auch den letzten in dem großen Bullhead City Circus schafften es die Hamburger Dark Rocker mit ihren Songs und der Show zu begeistern. Und wenn sogar die Security anfängt Luftgitarre zu spielen, dem Fotografenmädchen anbietet mit der Kamera auf der Menge zu surfen und Sänger Martin berührt auf den Wellenbrecher steigt und mit den Fans abklatscht, dann kann man doch wahrhaftig von einem gelungenen Konzert und einem noch besseren Wackenabschluss reden.
Das Wacken 2019 ist nun Geschichte, Wacken 2020 nach nicht einmal 24 Stunden schon wieder ausverkauft. Trotz aller Kritiken und Motzereien, Schimpfen über Line Ups und dem ganzen Drumherum, das Wacken Open Air hat nach 30 Jahren nichts an seiner Magie verloren. Ganz im Gegenteil. Auch wenn das Jubiläum nicht so sehr wie eines rüber kam, bleibt es uns doch schwer in Erinnerung und wir freuen uns schon riesig im nächsten Jahr wieder dabei zu sein wenn es heißt RAIN OR SHINE!
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