Geschrieben von Marco Gräff
Band: Whitechapel
Album: The valley
Genre: Deathcore / Metalcore / Death Metal
Plattenfirma: Metal Blade Records
Veröffentlichung: 29.03.2019
Ja was ist denn hier los? Eine Album Review zur einer Core-Band und Katja hat sie nicht geschrieben? Wo gibt’s denn so was? Tja, ich wildere mal in Katja’s Revier und schnapp mir die neue Platte von WHITECHAPEL. Jetzt muss ich mir dauernd Drohungen mit rosa Kapuzenpullis anhören. Aber da steh ich drüber…
Seit ihrem Auftritt vor einem Jahr als Support von ‚Heaven Shall Burn‘ haben es mir die sechs Jungs aus Knoxville auch irgendwie angetan. Fetter Sound, derbe Vocals, satte Breakdowns und richtig drückende Riffs. WHITECHAPEL verstehen es Aggressionen perfekt zu vertonen. Und bleiben auf eine gewisse Art und Weise immer noch melodisch genug um fast als eingängig durchzugehen.
So auch mit der siebten Scheibe, THE VALLEY. Hierbei handelt es sich, wie auf dem Cover auch zu lesen, um „wahre Geschichten“. Sänger Phil Bozeman verarbeitet auf diesem Album seine schwere Kindheit, die vor allem auf seine zwiegespaltene Mutter zurückzuführen ist. Oft zitiert er aus ihrem Tagebuch oder nimmt deutlich Bezug darauf. Die zehn Songs, die gute 40 Minuten auf die Uhr bringen, sind typisch WHITECHAPEL, in gewohnter Art und Weise fett produziert, vom Sound her erdrückend aber dieses Mal auch um einiges düsterer, ja sogar melancholisch.
Schon der erste Song WHEN A DEMON DEFILES A WITCH, zu dem es auch ein sehenswertes Video auf YouTube gibt, zeigt die ganze Bandbreite der Band auf, auch wenn der Song stilistisch eher neue Wege geht. Sehr melodisch, mit auffällig ruhigen Passagen und doch mit den typischen fetten Riffs. Der Gesang ist seit je her richtig derbe tief, doch gerade im Refrain wird es echt geil melodisch. Zur Songmitte wird dann mal innegehalten und Phil darf all seine Gefühle in die Stimme legen. Ansonsten kratzt der Geschwindigkeitsregler am Anschlag, selbst im Refrain, was unglaublich gut mit dem sehr melodischen Part harmoniert. Starker Einstieg ins Album, das Video dazu solltet ihr euch unbedingt mal geben!
FORGIVENESS IS WEAKNESS setzt dort nahtlos an, klingt insgesamt aber um einiges derber als der Song zuvor. Neben den tiefen Growls gibt es dann mal fiese Screams, die ersten Breakdowns finden sich ein. Ein Song der durchgängig drückt und vom Härtegrad am Anschlag agiert. BRIMSTONE nimmt ein wenig den Fuss vom Gas, schon fast rockig stampfen wir hier durch dreieinhalb Minuten. Ein richtig böser Headbanger der wenigstens ein bisschen Luft zum Atmen lässt.
Mit HICKORY CREEK wird es dann richtig ruhig. Emotional dazu und persönlicher wie es kaum geht. Der erste Song der Band überhaupt, der komplett mit klarem Gesang daherkommt. Eine Ballade? Vielleicht im Ansatz. Aber zumindest eine ganz große Nummer auf der Platte. Überraschend, aber auch sehr passend. BLACK BEAR ist dann wieder das krasse Gegenteil. Melodien sucht man fast vergeblich. Eben noch mit einer Engelsstimme die Tränen hervorgelockt, singt Phil so tief wie es tiefer kaum geht. Auch eine sehr intensive Nummer.
WE ARE ONE knüppelt wieder standesamtlich ums Eck, fies, derbe und sehr aggressiv. THE OTHER SIDE zeigt die Death Metal Seite der Band. Schweres Riffing, klassische Metal Strukturen und dazu richtig düster und mit einem klassischen Solo. Anders, aber immer noch typisch WHITECHAPEL. Mit THIRD DEPTH wird es etwas experimenteller. Der Klargesang dominiert während der ruhigen, verspielten Parts, im lauten Refrain werden wieder die tiefen Growls ausgepackt. Wenn es so etwas wie einen schwachen Song auf der Scheibe geben sollte, dann wäre es dieser. Irgendwie klingt er mir zu langweilig und nichtssagend.
Wer nun bei LOVELACE eine Ballade erwartet, den muss ich enttäuschen. Hier wird es noch mehr Death Metal als bei THE OTHER SIDE. Hier wird die Old School Keule geschwungen, was besonders durch die Riffs der drei Gitarristen auffällt. Schon ne richtig nette Nummer. DOOM WOODS lässt schon am Namen erkennen, wo die Reise hinzugehen scheint. Schleppende Rhythmen, ein paar Doom Riffs und ein eher zähes Erzähltempo. Gesanglich sind wir zwar immer noch bei Deathcore / Death Metal, doch musikalisch bieten WHITECHAPEL zum zweiten Mal so etwas wie Fragezeichen im Gesicht des Hörers. Doch der Platz am Ende der Platte ist bestens gewählt. Dramaturgisch 1a. Und auch so kann der Song nach ein paar Umläufen dann doch noch richtig gefallen.
THE VALLEY, das siebte Album von WHITECHAPEL überzeugt so ziemlich auf ganzer Linie. Dem Ideenreichtum der Band wurde reichlich Platz eingeräumt, die Abwechslung ist hoch, die Härte der einzelnen Songs noch höher. Sieht man von ein, zwei Nummern ab. Doch die braucht es, um der Gesamtheit Nachdruck zu verleihen, und die Platte lebendig zu halten. Denn 40 Minuten Knüppel aus dem Sack will eigentlich niemand, und brauchen tut das auch niemand. Von daher haben die Jungs aus Tennessee eigentlich vieles richtig gemacht.
von mir gibt es 8,5 von 10 Hellfire-Punkten
Tracks:
01 – When a Demon Defiles a Witch
02 – Forgiveness Is Weakness
03 – Brimstone
04 – Hickory Creek
05 – Black Bear
06 – We Are One
07 – The Other Side
08 – Third Depth
09 – Lovelace
10 – Doom Woods
Line-Up:
Phil Bozeman – Vocals
Ben Savage – Guitar
Zach Householder – Guitar
Alex Wade – Guitar
Ben Harclerode – Drums
Gabe Crisp – Bass
Weitere Infos:
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