Seit Anfang Dezember läuft unsere Interview-Reihe „Quick5-Team-Interviews“ und wer aufmerksam mitgelesen hat, dem sollte auffallen, dass die Chef-Etage noch gar nicht dran war. Diese habe ich bewusst bis Heilig Abend aufgehoben und wir starten mit meinem Stellvertreter Jörg Schnebele… und wenn man als Chefredakteur schon eine Interview-Serie unter den Mitarbeitern anleiert, dann sollte es auch Chefsache sein, seinen Stellvertreter zu interviewen… Lest einfach selbst, was er mir so alles verraten hat.
HF: Jörg, wir kennen uns ja schon etwas länger, sowohl abseits vom Hellfire als auch persönlich, da wir im selben Dorf wohnen. Wie auch für alle andren im Team, gibt es auch für Dich noch etwas anderes neben Hellfire. Erzähl uns doch mal, warum Du vor allem am Wochenende und in den Sommermonaten in seltsamen Gewändern durch die Lande ziehst 😉 und wie Du zu diesem Hobby gekommen bist?
Jörg: Du spielst auf mein Hobby Mittelalter an…
Vor ca 16 Jahren habe ich mit meiner Frau und einem Pärchen aus den Nachbarschaft einen Mittelalterverein gegründet. Da wir im Ort die Tomburg Ruine haben, war der Name der Gruppe „Tomburg Ritter“ recht naheliegend.
Damals hatten wir keine Ahnung, auf was wir uns da einlassen; und darüber hinaus auch noch nicht allzu viel Ahnung vom Mittelalter. Aber über die Jahre haben wir extrem an uns und unserer Gruppe gearbeitet, wollten immer mehr authentisch sein und haben nun als eine der größten Mittelaltergruppen Deutschlands über 100 Mitglieder.
In den Monaten Mai bis September sind wir auf ca 12 Veranstaltungen unterwegs; mit Lager und allem, was dazugehört. Je nach Veranstaltungen stellen wir auch die Leute für die Shows: Schlachten, Kämpfen…und Sterben 🙂
Ich habe den Verein bis Anfang des Jahres als 1. Vorsitzender und 1. Ritter geführt, mich aber jetzt aus dem aktiven Geschehen etwas zurückgezogen.
Wer Interesse hat, mehr über die Tomburg Ritter zu erfahren, kann ja mal auf unserer Homepage nachschauen. Den Link dazu gibt es ganz zum Schluss des Interviews.
HF: Du bist ja unte anderem für die wöchentlichen Album-Updates verantwortlich und da werden wir ja regelrecht zugebombt. Daneben bist Du auch viel als Fotograf unterwegs und schreibst CD-Rezensionen. Ich würde schon fast sagen, dass wir die Schwelle eines Hobby’s mit unsrem Webzine schon deutlich überschritten haben. Was ist Deine Motivation und wie bekommst Du all das, zusammen mit Hobby, Beruf und Familie auf die Reihe?
Jörg: Wie ich das alles auf die Reihe bekomme, weiß ich manchmal selber nicht 🙂
Entscheidend für mich ist, dass ich Hard Rock und Metal liebe und mich das antreibt.
Ich habe ja bis 1992 ein Fanzine namens Live Wire herausgebracht und von daher hab ich etwas Erfahrung mit in die Hellfire Arbeit mit einfließen können.
Ich weiß halt, dass ein Webzine, was Veröffentliche etc angeht, deutlich einfacher und schneller zu pflegen ist, als ein Printmag. Allerdings, wie Du schon sagst, werden wir ja förmlich mit Veröffentlichungen und News zugeballert. Da ist der „Paste/Copy“ Vorteil gegenüber einem Printmag schon hinüber.
Familiär macht man, oder besser: muss man, Kompromisse machen. Familie geht erst einmal vor und auch der „normale“ Job ist wichtig (zumal er mir auch noch Spaß macht). Allerdings brauche ich die Zeit im Fotograben, am Computer mit der Bearbeitung der Bilder und den anderen administrativen Dingen, um ein geistiges und körperliches Gleichgewicht zu halten.
Meine Frau leidet zwar manchmal darunter, dass ich abends mal wieder auf einem Konzert bin, sie weiß aber auch, dass ich das brauche. Danach bin ich wieder etwas pflegeleichter…. 🙂
Und so gehen dann auch einige Stunden abends für Hellfire am Computer drauf. Glücklicherweise haben wir das beste Team, was man sich wünschen kann, und so wird einem von den Jungs und Mädels auch oft unbürokratisch und schnell unter die Arme gegriffen, wenn es mal irgendwo klemmt.
HF: Du hattest ja schon vor dem Hellfire-Magazin mit dem Live-Wire ein eigenes Print-Magazin. Allein dadurch hast Du ein wahnsinnig großes Netzwerk, für das ich dankbar bin und was auch für uns sehr lohnend ist. Warum hast Du vor einigen Jahren das Live-Wire dran gegeben und hast 2015 ohne großes Zögern zugestimmt, bei uns wieder einzusteigen?
Jörg: Wir waren 1992 an dem Punkt angelangt entscheiden zu müssen, auf kleiner Flamme hobbymäßig weiterzumachen und voraussichtlich über kurz oder lang gegen die Übermacht (semi)professioneller Mags den Bach runterzugehen oder das Ganze professionell mit einem Vertrieb anzugehen.
Die Vertriebe waren damals allerdings sehr undurchsichtig in ihrer Arbeitsweise. Auflage des Vertriebs war es, mit 30000 Stück zu starten; Erscheinungsweise Minimum alle 2 Monate. Dann sollten wir die Auflage ständig in 5000er Schritte erhöhen. Wie die Vertriebe arbeiteten, blieb uns aber verschlossen; wir wären denen komplett ausgeliefert gewesen. Und da ich ein Typ bin, der gerne auf Nummer sicher geht, inzwischen eine kleine Tochter hatte und für meine Familie sorgen musste, hab ich mich dann schweren Herzens entschlossen, Live Wire zu beerdigen.
Allerdings schwelte aber all die Jahre die Sucht in mir, wieder etwas in dieser Richtung zu machen, und so aktivierte ich zwei meiner alten Kontakte, Gaby Hoffmann (Managerin von Accept) und Weiki von Helloween und fragte 2011 nach, ob sie mir Fotopässe für die Accept/Helloween Konzerte ermöglichen könnten. Da ich über die Jahre immer mit den beiden in Kontakt geblieben bin, hat das mit den Pässen funktioniert. Und dann kamen immer mehr Konzerte dazu…
Und schließlich kam das Thema Hellfire; für mich eine gute Gelegenheit, diesem Hobby wieder verstärkt nachzugehen – auch wenn es inzwischen wirklich schon etwas mehr als NUR Hobby ist.
HF: Du bist ja, wie auch ich, schon etwas älter (ich meine das völlig wertfrei) und hast viele musikalische Epochen erlebt. Gibt es irgendeine Ära, die Dich besonders geprägt/geschockt hat und wie siehst Du im Vergleich zu früher die heutige Metal- und Rock-Musiklandschaft?
Jörg: Geprägt haben mich definitiv die Siebziger mit Bands wie Deep Purple, Led Zeppelin, Alice Cooper und den ganzen Glitter Bands (Sweet, Slade, etc). Damals habe ich gegen meine Eltern rebelliert und diese Musik war ein tolles Werkzeug, die Erzeuger auf die Palme zu bringen. Aber es war halt nicht nur Rebellion sondern auch eine schnell wachsende Liebe zu dieser Musik.
Weiterhin haben mich die späten Achtziger geprägt, in denen ich Live Wire gemacht habe. All die alten und neuen Bands zu treffen, zu interviewen und zu fotografieren… Das war etwas ganz Besonderes und ich zehre auch heute noch davon.
Der Grunge hat mich dann fast verzweifeln lassen, weil ich irrigerweise angenommen hatte, dass sich diese Fehlentwicklung meiner geliebten Musik durchsetzen würde und die guten alten Roots komplett verschwinden. Aber Hammerfall haben dann mal gezeigt, wo (im wahrsten Sinne des Wortes) der Hammer hängt; und alles war wieder gut 🙂
Die Musiklandschaft hat sich gerade auch durch die (a)sozialen Medien natürlich extrem vergrößert. Alles ist Schnelllebiger geworden, was ich sehr bedaure. Bei all den Veröffentlichungen hat man ja gar keine Chance mehr, überall reinzuhören. Da ich beruflich viel unterwegs bin, ist mein USB Stick im Auto immer mit vielen neuen Alben gefüllt, so dass ich – manchmal leider auch erst mit wochenlanger Verspätung – geile neue Bands kennenlerne.
Das war in den Achtzigern und Neunzigern definitiv besser: man hat wenigstens einigermaßen den Überblick behalten.
Pluspunkt der heutigen Zeit: wenn Du schnell noch ein Album zwecks Rezi im Hellfire oder ein Bild für ein Interview brauchst, hast Du es nach ein paar Sekunden, und Du brauchst nicht Tagelang auf die Post zu warten…
Alles hat seine Vor- und Nachteile.
Hellfire: Jetzt haben wir die ganze Zeit über Vergangenheit und Gegenwart gesprochen. Wir versuchen jetzt mal einen Blick in die nicht vorhandene Glaskugel zu werfen 😉 Wie bewertest Du, auch mit Deiner Live-Wire-Erfahrung, unsere Entwicklung? Wo siehst Du uns in der Zukunft und für mich wichtig, hast Du auch schon mal über’s aufhören nachgedacht oder hast vielleicht schon Pläne?
Jörg: Aufhören? Nee, absolut nicht!!! Es sei denn, Du schmeißt mich raus 🙂 Die Entwicklung, die wir die letzten Jahre gemacht haben ist gigantisch; einfach unvorstellbar, wie schnell und gut wir uns etabliert haben. Und dies – das muss ich noch einmal wiederholen – wäre nie möglich gewesen ohne unser fantastisches Team.
Wir beide schütteln ja nicht selten den Kopf, wenn unsere Leute wieder mit neuen Ideen kommen; wenn wir die alle umsetzen wollten, müssten wir wirklich Familie und Job an den Nagel hängen. Aber dieses Team lebt unser aller Traum voll mit! Und wichtig ist, dass sie auch mal eine kleine „Bremse“ verkraften, weil wir manche Ideen einfach (noch) nicht umsetzen können. Da gibt’s kein beleidigte Leberwurst; alles wird im Team diskutiert, Für und Wieder aufgezählt und im Endeffekt eine Entscheidung akzeptiert und respektiert. Wir haben keine Individualisten, sondern ein familiäres geiles Team, dessen Mitglieder sich zum größten Teil noch nicht einmal persönlich kennen.
Und mit diesem Team haben wir auch den Scheiß mit der DSGVO überstanden, obwohl ja fast alles auf Deinen Schultern lag. Die Geschichte hat (nicht nur) mich sehr frustriert und ich habe echt befürchtet, dass wir uns dem Druck beugen und Hellfire einstellen.
Was meine konkreten Pläne in Bezug auf Hellfire angeht: bitte, lasst mich weiter Teil der Mannschaft sein! Wir können noch soo viel erreichen, und wir werden noch viel erreichen!
Also weiter und bloß nicht den Spaß verlieren!!
Interview: Dirk Draewe
Mehr Infos:
Tolles Interview. So was ist manchmal interessanter als das xte Saxon Interview
Danke schön Stephan 🙂 Genau deshalb habe ich diese Interview-Reihe gestartet, damit ihr als Leser auch mal einen Einblick in die Menschen hinter dem Hellfire bekommt.