Witchskull: „Sind wir zu langsam, gibt’s ’nen Tritt in den Arsch“

Mit dem Hellfire-Quick5-Interview wollen wir Musikern interessante Statements entlocken, ohne sie mit seitenlangen Frage-Antwort-Sequenzen auszuquetschen. Von uns gibt es dabei 5 gezielte Fragen, die Musiker antworten nach Gutdünken: von kurz und knapp bis ausschweifend. Unser Matze hat kürzlich mit Joel Green gesprochen, dem Drummer des australischen Doom-Trios Witchskull. Die Band hat Ende April ihr drittes Album, „A Driftwood Cross“, veröffentlicht.

© Witchskull

HF: Witchskull wurde 2014 gegründet. Doch Eurem Profilfoto auf Facebook und Euren Spielkünsten nach zu urteilen, seid Ihr alles andere als Anfänger. Erzählt uns doch etwas über Euren musikalischen Hintergrund. Was habt Ihr vor der Gründung von Witchskull gemacht?

Joel: Marcus (Gitarre und Gesang) und ich kennen uns seit wir 7 oder 8 Jahre alt sind und haben schon im Kindesalter mit dem Musizieren angefangen. 1985 gründeten wir mit 15 Jahren eine Speed Metal-Band namens Under Oath, die ungefähr 2 Jahre hielt. Als ich 17 war, trat ich mit meinem Bruder Matt einer Thrash / Death Metal-Band namens Armored Angel bei, in der wir 10 Jahre lang blieben. 1995 spielten wir mit der Band übrigens im Huxley’s in Berlin. Während all dieser Zeit blieb ich mit Marcus in Kontakt, er gründete währenddessen mehrere Bands. Mit einer davon hatte ich eine Weile geprobt, aber die Sache kam nie so richtig in Gang. In den späten 90ern und frühen Nuller Jahren gründete Marcus die Band Looking Glass, die ungefähr 13 Jahre lang durchhielt, bevor er und Tony (Bass) Witchskull formierten und mich baten, mitzumachen. Tony ist aus New York und verbrachte seine Jugend damit, Gitarre zu spielen und zu jammen. Aber Witchskull ist tatsächlich seine erste echte Band. Unterm Strich sind wir alle schon viele Jahre dabei, haben viel probiert, aber bei Witchskull stimmte die Chemie einfach vom ersten Tag an.

© Witchskull

HF: Als ich das Cover von „A Driftwood Cross“ sah, ging ich ehrlich gesagt von einer nicht komplett, aber doch etwas anderen Stilrichtung aus. Als ich mir das Album anhörte, war ich deshalb doch sehr positiv von der Heaviness Eurer Musik überrascht. Ehrlich gesagt erwartete ich etwas mehr im Sinne von Coven oder Jess & the Ancient Oners. Textlich besteht jedoch eine Verbindung zu diesen Bands. Was zieht Euch zum Okkultismus?

Joel: Deine Interpretation kann ich durchaus nachvollziehen. Unsere Wurzeln sind aber deutlich heavier als die Bands, die du nennst. Dennoch lieben wir solche Bilder wie das auf dem Cover einfach. Wir sind große Sabbath- und Motörhead-Fans, sind aber auch mit der ersten Thrash-Welle in den frühen 80ern sowie mit AC/DC, Zeppelin und Deep Purple aufgewachsen. Unsere individuellen Einflüsse sind vielfältig, aber es gibt eine zentrale Verbindung zur Vergangenheit, die wir alle als Kinder in den 70ern haben.

Die düsteren Bilder des Okkultismus passten aus meiner Sicht immer am Besten zu harter Musik. Aber für Marcus, der die Texte schreibt, ist es persönlicher. Er hat jahrzehntelang Hermetik studiert und war Mitglied des O.T.O. (Anm.: „Ordo Templi Orientis“, okkulte Organisation, maßgeblich geprägt vom Briten Aleister Crowley) und bezieht Einflüsse von den Göttern und Göttinnen des alten Ägypten. Er ist auch ein begeisterter Leser von Carl Jung und Aleister Crowley. Zur exakten Bedeutung der Texte von Marcus kann ich wenig sagen. Es gibt ähnliche Themen in allen drei Alben, und wir freuen uns, wenn die Leute selbst interpretieren. Da ist viel Sinn drin und sogar Tony und ich können andere Interpretationen haben als Marcus.

HF: Der einzige Songtitel auf „A Driftwood Cross“, den ich nicht mit Okkultismus oder Satanismus verbinden kann, ist „Dresden“. Worum geht es?

Joel: „Dresden“ ist ein Wort, das Marcus immer geliebt hat und das er in einen Songtitel integrieren wollte. Er hatte viele Ideen, dachte aber am Ende, dass die Einfachheit des Wortes allein ausreicht. Es handle sich um eine durch die Augen eines Anderen erzählte Geschichte, sagt Marcus. Aber er hat sie wieder so geschrieben, dass man darunter verstehen kann, was man möchte. Deutschland ist für uns sozusagen die Welthauptstadt der Heavy-Musik. Wir fanden es daher passend, einen Song so zu nennen, wie auch eine deutsche Stadt heißt. Respekt ist auch im Spiel. Immerhin wurden der Verstärker von Marcus und mein Schlagzeug in Deutschland gebaut.

HF: Eine andere Sache, die mich an Eurer Musik überrascht hat, sind die für eine Doom-Metal-Band doch recht flotten Tempos. Woher kommt das?

Joel: Von unserem Background, denke ich. Bei Doom denke ich zuerst an Sabbath, Trouble und Cathedral, die alle schnelles und langsames Zeug haben. Aber einige der wirklich ganz langsamen Bands sind nix für mich, Marcus hingegen fährt voll drauf ab, ein echter Doomster eben. Tony mag auch eher schnellere Sachen.

Unsere Songs entstehen beim Jammen. Wenn wir meinen, das Material sei zu lang oder zu langsam, dann geben wir uns eben einen saftigen Tritt in den Arsch. Unsere gemeinsamen Lieblingsbands aus Jugendtagen sind Sabbath, Motörhead, Priest, Venom, Celtic Frost und noch ein paar andere. Obwohl wir nicht wie eine von ihnen klingen, sind solche Bands wohl der Grund, weswegen wir das Gaspedal etwas weiter durchdrücken als manch andere Doom-Bands.

HF: Ein Blick in die Zukunft fällt zum aktuellen Zeitpunkt schwer. Aber dürfen wir hoffen, Euch in Deutschland zu sehen, wenn Corona einigermaßen unter Kontrolle ist? Ich könnte mir Euch gut im Line-up einiger unserer Festivals hierzulande vorstellen – Freak Valley, Blackdoor oder Krach am Bach etwa.

Joel: Unser Hauptziel mit diesem Album war es, in Übersee zu touren. Und wir hoffen nach wie vor, dass es dazu kommt – nur eben später, als wir gehofft hatten. Es wäre ein Traum für uns, in Deutschland zu spielen. Wir müssen einfach geduldig sein. Tony will schon lange auf dem Freak Valley spielen. Vielleicht laden sie uns eines Tages ein, wir würden uns jedenfalls sehr freuen. Aber generell spielen wir jederzeit und überall und immer gerne. Und ich bin seit dem ersten Tag davon überzeugt, wir werden mit dieser Band vor allen Fans spielen können, die uns sehen wollen – überall.

 

Interview: Mathias Keiber

 

Weitere Infos:

https://www.facebook.com/witchskull

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